Dringlicher Entschließungsantrag: Biblis A und B dürfen nie wieder ans Netz
DIE LINKE hat einen ‚Dringlichen Entschließungsantrag betreffend Biblis A und B sofort abschalten' zur morgigen Sondersitzung des Umweltausschusses in den Landtag eingebracht. Dazu erklärt Janine Wissler, energiepolitische Sprecherin und Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:
„Die Zeit des Abwartens, Taktierens, Hinhaltens ist vorbei – jetzt geht es darum, eindeutig Farbe zu bekennen, statt stündlich mit neuen widersprüchlichen Verlautbarungen an die Öffentlichkeit zu gehen, wie die Landesregierung es in den letzten Tagen getan hat. Die Pannen- und Schrottreaktoren in Biblis müssen endgültig stillgelegt werden.
Für Biblis A und B existieren Gutachten, die auf zahlreiche, erhebliche Sicherheitsmängel hinweisen. Wir brauchen keine neuen Sicherheitsüberprüfungen, sondern ein sofortiges Ende der Atomkraft."
Antrag:
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Biblis A und B sofort abschalten!
Der Landtag wolle beschließen:
1. Der Hessische Landtag stellt fest: Atomenergie ist eine Risikotechnologie. Zahlreiche Unfälle in Atomkraftwerken zeigen, dass Atomkraftwerke nicht sicher zu betreiben sind.
2. Der Hessische Landtag spricht sich für die sofortige und unwiderrufliche Stilllegung der Reaktorblöcke Biblis A und B aus. Biblis A ist der älteste deutsche Reaktor, Biblis B ist nur zwei Jahre später ans Netz gegangen. Beide Reaktoren weisen eine lange Störfall- und Pannenserie auf. Sie sind ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko.
3. Der Hessische Landtag stellt fest, dass die Reaktoren in dem seismisch aktiven Oberrheingraben errichtet wurden. Der Landtag nimmt zur Kenntnis, dass das Erdbeben im 96 km entfernten Seltz 1952 eine Bodenbeschleunigung von ca. 1,85 m/s2 hatte.
4. Der Hessische Landtag stellt fest, dass die Reaktorblöcke in Biblis maximal für eine Bodenbeschleunigung von 1,5 m/s2 ausgelegt sind. Eine ausreichende Absicherung der Reaktoren gegen starke Erdbeben (Richter Magnitude 6 bis 7) ist keinesfalls gegeben.
5. Der Hessische Landtag stellt fest, dass das Atomkraftwerk Biblis über keine unabhängige externe Notstandswarte verfügt.
6. Der Hessische Landtag stellt fest, dass die Blöcke A und B nicht mehr dem im Atomgesetz geforderten aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
7. Der Hessische Landtag stellt fest, dass die Reaktoren in Biblis weder hinreichend gegen Erdbeben, Flugzeugabstürze, Sabotage und terroristische Angriffe geschützt sind, noch dieser Schutz nachgerüstet werden kann.
8. Der Hessische Landtag stellt fest, dass die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung nicht den Profit-interessen von Energiekonzernen wie RWE untergeordnet werden dürfen.
Begründung:
Im Umkreis von 25 km um den Standort Biblis ereigneten sich zwischen 1790 und 1998 insgesamt 105 Erdbeben (IPPNW Anlage B der Klagebegründung zur Stilllegung des Atomkraftwerkblocks Biblis B, 2008). Bis Ende der 90er Jahre wurde davon ausgegangen, dass im Oberrheingraben maximal mit Beben der Stärke 5 (Richter Magnituden) zu rechnen sei. Bis heute nicht veröffentlichte, der Bundes- und Landesregierung aber vorliegende Gutachten zeigen auf, dass im Oberrheingraben auch mit starken Beben, d.h., mit der Intensität bis 6,9 (Richter Magnituden) gerechnet werden muss. Dem stärksten bisher beobachteten
tektonischen Erdbeben im Bereich des mitteleuropäischen Schollenlandes, das Erdbeben von Basel im Jahre 1356, wird heute eine Intensität von ca. 7 bis 8 (Richter Magnituden) zugeordnet.
Darüber hinaus lässt sich die maximale Stärke von Erdbeben nicht mit Sicherheit vorhersagen. Eine Nachrüstung der Reaktoren gegen Erdbeben, die hinreichende Sicherheit gewährleisten könnte, ist aus baulichen Grünen weder praktisch noch theoretisch - aufgrund der Nicht-Vorhersagbarkeit von maximalen Erdbebenstärken - möglich.
Das Atomgesetz schreibt den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik als zentralen Sicherheitsmaßstab für Atomkraftwerke vor. Dass das Atomkraftwerk Biblis "selbstverständlich" nicht mehr dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspräche, bestätigte das Hessische Umweltministerium in einem internen Behördenvermerk.
Weitere Argumente für die unkalkulierbaren Risiken der Kernenergie werden von der Anti-AKW-Bewegung schon seit über 30 Jahren gegeben.
Wiesbaden, 17. März 2011
Die Fraktionsvorsitzende
Janine Wissler