Vogelschlagrisiko: Bau der neuen Landebahn ist auf Grundlage falscher Angaben genehmigt worden – sie muss deshalb zurück gezogen werden

Der Verdacht, dass beim Punkt Vogelschlagrisiko Fraport auf Grundlage falscher Angaben die Genehmigung zum Bau der neuen Nordwestlandebahn erhalten hat, verdichtet sich (siehe FR von gestern und hr-online-Bericht von heute ‚Zweifel an Vogelschalg-Überwachung‘). Dazu erklärt Janine Wissler, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag und OB-Kandidatin in Frankfurt am Main:

„Bereits Ende Januar hat DIE LINKE in einer Pressekonferenz im Landtag, zusammen mit Frank Wolf von der Bürgerinitiative für Umweltschutz Eddersheim, dargelegt: Im Erörterungsverfahren 2006 ist das Vogelschlagrisiko über dem Main ein k.o.-Kriterium für die damals in der Diskussion befindliche Nordwest-Landebahn gewesen. Nur das 2007 von der Fraport AG aus der Tasche gezogene Vogelschlagvorwarnsystem MIVOTHERM mit Wärmebildkameras hat die Nordwest-Variante aus Sicht der Fraport gerettet.

Inzwischen ist klar: Bis zur Eröffnung der Landebahn sind, entgegen anderslautender Beteuerungen, keine Tests unter realen Bedingungen durchgeführt worden. Die Erprobung von MIVOTHERM findet seit Eröffnung der Landebahn statt, wobei Passagiere und Crews die Testpersonen sind. Schlimmer noch: Nach den Ereignissen der letzten Monate muss davon ausgegangen werden, dass MIVOTHERM fehlerhaft arbeitet.“

Wie bei der Verlärmung ganzer Landesteile verletze Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) nicht nur seine Aufsichtspflicht, er verkenne zudem offenbar erheblich Sicherheitsrisiken. DIE LINKE fordere Minister Posch auf, auch aufgrund des hohen Vogelschlagrisikos die Betriebsgenehmigung für die Nordwest-Landebahn umgehend zurückzuziehen, so Wissler.

 

Stichworte zum Vogelschlagrisiko

Für Frank Wolf, von der BI für Umweltschutz Eddersheim steht fest: „Fraport hat getrickst: Weder sind die vom Hessischen Verwaltungsgericht im Landebahnurteil vom 21. August 2009 festgeschriebenen fünf Kameratürme des Mivotherm-Systems gebaut worden, noch konnte das System - wie vom Verkehrsministerium behauptet - getestet werden.“

In der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKLE. Im Hessischen Landtag zum Vogelschlagvorwarnsystem (18/4417) hat Minister Posch (FDP) im Landtag behauptet, dass ab dem 5. Mai 2011 „praktische Tests [an] der vollständig installierten Anlage“ stattgefunden haben. Da Zu diesem Zeitpunkt zumindest der Kameraturm Eddersheim noch im Rohbau und die Kamerasysteme noch nicht installiert waren, können gar keine Tests an einer angeblich vollständig installierten Anlage durchgeführt worden sein. Es ist völlig unklar, ob mit den drei errichteten Türmen alle Vogelschwärme erfasst und die Vorwarnzeit von mindestens zwei Minuten erreicht werden kann.

Die Zeit bis zur Eröffnung der Landebahn durch Bundeskanzlerin Merkel am 21. Oktober 2011 ist für ausreichende Tests ohnehin eindeutig zu kurz gewesen. Die qualitätssichernden Gutachten vom 17. Oktober - vier Tage vor der Eröffnung der Landebahn – müssen als Gefälligkeitsarbeiten eines befangenen Gutachters, der die entscheidenden Fragen unbeantwortet gelassen hat, gewertet werden (s. Anfrage der LINKEN, Drs. 18/5102, 14.12.2011).

Ein Vogelschlag am 21. November 2011 an der Lufthansa-Maschine LH 1121 ist von der Fraport AG, der Lufthansa und dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr (HMWVL) zunächst mit allen Mitteln vertuscht worden. Erst auf Druck der Eddersheimer Bürgerinitiative wurde der Vogelschlag Wochen später zugegeben. Das war keine ‚Kommunikationspanne im Ministerium‘. Weil der Vogelschlag die Betriebsgenehmigung der Nordwest-Landebahn in Frage stellt, sollte er von Anfang an nicht an die Öffentlichkeit kommen.