2 Jahre Schwarzgrün: Ein Ausfall im Kampf gegen prekäre Beschäftigung und soziale Ungleichheit
Zwei Jahre Schwarzgrün:
Meisterlich bei der Inszenierung von Harmonie - ein Ausfall beim Kampf gegen prekäre Beschäftigung, soziale Ungleichheit und Armut
Zum Ende der Jubelfeierlichkeiten von CDU und Grünen ‚Zwei Jahre Schwarzgrün in Hessen‘ erklärt Janine Wissler, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:
„Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt: Mit Verweis auf die Schuldenbremse sind Grüne zu Einsparungen, Kürzungen und einem fortlaufenden Sozial- und Bildungsabbau bereit. Ansonsten gibt es auf fast allen politischen Feldern ein ‚Weiter-So‘. Insofern war Volker Bouffiers Einschätzung ‚Schwarz wirkt‘, die er letzten Donnerstag auf einer Jubel-Pressekonferenz in der Staatskanzlei zum Besten gab, eine absolut treffende Zusammenfassung der letzten beiden Jahre.“
Jan Schalauske, Vorsitzender der LINKEN in Hessen, ergänzt: „Vom ehemals geforderten Politikwechsel ist bei den Grünen nichts übrig geblieben. Sie freuen sich, mitregieren zu dürfen und die Hessen-CDU sieht Schwarzgrün als Chance, das Image als rechtslastige ‚Stahlhelm-Truppe‘ etwas ablegen und sich ‚moderner‘ präsentieren zu können. Mit den Grünen als Koalitionspartner ist diese Image-Aufhübschung sicher besser möglich, als mit der noch strammer neoliberalen FDP, deren Steuersenkungs-Mantra zudem komplett aus der Zeit gefallen ist.“
Aus Sicht der LINKEN fällt die Bilanz ‚Zwei Jahre Schwarzgrün‘ so aus:
Innenpolitik
An der Politik der Hessen-CDU nach ‚Gutsherrenart‘ hat sich wenig bis gar nichts geändert. Um diese fortsetzen zu können, war eine Kehrtwende der Grünen in vielen Fragen der Innenpolitik notwendig (z.B. Hans-Jürgen Irmer, NSU, Flüchtlinge, Kommunalfinanzen), die diese prompt geliefert haben. Das Thema ‚Bürgerrechte“ kommt weder im Koalitionsvertrag, noch in der schwarzgrünen Politik vor. Konsequenterweise wurde der Livestream der Landtagsdebatten durch Schwarzgrün eingestellt.
Besonders bitter: Schwarzgrün hat der Einsetzung des NSU-Ausschusses nicht zugestimmt und verhält sich in der Ausschussarbeit - vor allem hinter den Kulissen – in einer Weise, die die Aufklärung verschleppt und verhindert, statt sie mit voran zu treiben. Das heißt konkret: Die Aktenbeschaffung wird immer wieder verzögert und Akten werden in unzulässiger Weise geschwärzt. Selbst vor verfassungswidrigen Eingriffen in die Parlamentsrechte schreckt die Regierungsmehrheit nicht zurück, um das skandalöse Verhalten der Behörden unter dem damaligen Innenminister und heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier unter dem Deckel zu halten. Mit Politikwechsel hat all das nichts zu tun.
Verkehrspolitik
Die ökologische Verkehrswende war mal ein Markenkern der Grünen. Doch auch in diesem Bereich haben sie ihre Ideale an der Ministeriumstür abgegeben. Statt des noch im Wahlkampf geforderten achtstündigen Nachtflugverbotes gibt es nun symbolische Lärmverschiebungen und den immer weiteren Ausbau des Flughafens mitten im Ballungsraum.
Der Spatenstich für das Terminal 3 am Frankfurter Flughafen erfolgte nach kurzem Schaukampf um eine ‚Bedarfsprüfung‘ ohne weiteren Verzug. Unter Schwarzgrün wird das Millionengrab Flughafen Kassel-Calden weiter mit Steuergeldern am Leben gehalten und es werden neue Autobahnen gebaut. Gleichzeitig wird der ÖPNV in Hessen weiterhin immer teurer – auch weil unverändert keinerlei Fördermittel vom Land fließen. In der Verkehrspolitik ist der vor zwei Jahren erfolgte Wechsel hin zu einem grünen Verkehrsminister über weite Strecken nicht zu bemerken.
Sozial- und Gesundheitspolitik
Das Kinderförderungs-Gesetz (KiföG) war, ist und bleibt Murks. Was die Grünen vor der Wahl genau so gesagt haben, gilt für sie nun nicht mehr. Jetzt müssen sich Träger, Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern damit herumplagen. Notwendig ist eine Politik, die dafür sorgt, dass die Kosten für die Kindertagesbetreuung aus Landesmitteln finanziert werden. Als erstes sollten die Elternbeiträge abgeschafft werden.
In der Gesundheitspolitik gilt: Die Privatisierung und der Druck auf die Krankenhäuser führt in Hessen zu Personalabbau und Qualitätsmängeln. Überfällig ist, dass mehr Geld für Investitionen zur Verfügung steht. Nur so ist zu bewerkstelligen, dass die Versorgung in der Fläche erhalten bleibt und kommunale und gemeinnützige Häuser eine Zukunft haben.
Die Bilanz nach zehn Jahre Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg fällt verheerend aus: Die Privatisierung war ein riesiger Fehler, der vor allem zu Lasten der Patientinnen und Patienten sowie der Angestellten des Uniklinikums geht. Gesundheit ist keine Ware, mit der Profit gemacht werden sollte.
Gleichberechtigung
Bei der Verabschiedung des hessischen Gleichberechtigungsgesetzes sind die Grünen völlig vor der CDU eingeknickt. Alle Vorschläge von Expertinnen und Experten wurden von Schwarzgrün in den Wind geschlagen.
Wohnraum
Auch die schwarzgrüne Landesregierung hat in aller Seelenruhe zugesehen, wie der Bestand an bezahlbarem, sozialgebundenem Wohnraum in Hessen weiter zurückging. Erst der zusätzliche Problemdruck durch den Zuzug von Flüchtlingen und die zusätzlichen Bundesmittel konnten CDU und Grüne in diesem Jahr dazu bewegen, aktiv zu werden.
Hessen braucht 10.000 Sozialwohnungen jährlich. Das Land plant aber nur 10.000 Wohnungen bis 2019 – damit kann in diesem Zeitraum nicht einmal der Wegfall bestehender Sozialwohnungen aus der Preisbindung ausgeglichen werden.
Bildungspolitik
Auf diesem Gebiet fährt die schwarzgrüne Landesregierung eine katastrophale Bilanz ein. Der Bildungsgipfel war durch das Beharren auf den alten Strukturen zum Scheitern verurteilt. Trotzdem trafen sich ein Jahr lang Expertinnen und Experten sowie Betroffene in fünf arbeitsintensiven Gruppen. Gemeinsames Ergebnis: Es gibt keines! Der Entwurf eines Abschlussberichtes wurde von den tragenden Akteuren wie den Gewerkschaften, den Schüler- und Elternvertretungen sowie der Opposition abgelehnt.
Beim ‚Pakt für den Nachmittag‘ ist zu beklagen, dass es hier nur sehr schleppend voran ging und immer noch eher von einer ‚Mogelpackung‘ als von echten Fortschritten gesprochen werden muss. Tatsächlich wird hier der tatsächliche Ausbau echter Ganztagsschulen nach Profil 3 ausgebremst. Statt zu investieren, werden Lehrerstellen gestrichen, um den Pakt zu stützen.
Skandalös ist das Vorgehen, verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer zu sanktionieren, die im Sommer 2015 gegen die Sparpolitik der schwarzgrünen Landesregierung protestiert haben. Denn neben Stellenkürzungen, der höchsten Wochenarbeitszeit in Deutschland und immer weiter ausufernden Zusatzaufgaben, sahen sich die Lehrerinnen und Lehrer auch noch einer tariflichen Nullrunde ausgesetzt. Statt auf die berechtigten Anliegen der Lehrerinnen und Lehrer einzugehen, ordnete das Kultusministerium Disziplinarmaßnahmen gegen die Protestierenden an.
Flüchtlings- und Asylpolitik
Über Jahre wurden den Städten und Kommunen die notwendigen Mittel für Aufnahme und Betreuung der Geflüchteten vorenthalten. In der Asylpolitik sind in Hessen kaum Unterschiede zwischen Grünen und CDU auszumachen: Im Innenausschuss etwa unterstützten die Grünen mit der CDU die Initiative der Bundesregierung für die Abschaffung des Asylrechts für Schutzsuchende aus dem westlichen Balkan.
Im Landtag stimmten Grüne, CDU und FDP gemeinsam gegen den Antrag der Linken, aus humanitären Gründen einen Abschiebestopp im Winter zu erlassen.
Umweltpolitik
In der Regierung hat die einstige Umweltpartei in Hessen die Farbe ihres Koalitionspartners angenommen. Den gesetzeswidrigen ‚Vier-Phasen-Plan‘ zur Werra-Versalzung und die wirkungslosen ‚Lärmpausen‘ am Frankfurter Flughafen hätte die CDU auch ohne Unterstützung der Grünen realisiert.
Haushalt und Finanzen
Auch finanzpolitisch gibt es ein Weiter-So, die Politik unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der der Vorgängerregierung aus CDU und FDP. Die Beamtinnen und Beamten ‚dürfen‘ eine Nullrunde bei der Besoldung und die Kürzung der Beihilfe bejubeln und dafür weiterhin länger arbeiten als die Kolleginnen und Kollegen in allen anderen Bundesländern.
Auch die Kommunen werden in Hessen dank des neuen Kommunalen Finanzausgleichs weiterhin stranguliert und dürfen selbst entscheiden, welche Kürzungen sie zuerst beschließen. Mit diesem Kurs gelingt es der schwarzgrünen Landesregierung, Debatten über höhere Steuern auf große Vermögen und Einkommen zu vermeiden – ‚besser‘ hätte es die FDP auch nicht gemacht.