Opel: Öffentliche Gelder nur im Gegenzug für öffentliche Kontrolle und Arbeitsplatzgarantie

Nachdem das Management von General Motors dieser Tage angekündigt hat, insgesamt 2,7 Milliarden Euro von Regierungen in Europa eintreiben zu wollen, um nach dem Abbau von rund 10.000 Vollzeitstellen die verbleibenden Arbeitsplätze und Standorte zu erhalten, hat DIE LINKE-Fraktion einen Dringlichen Berichtsantrag eingereicht. Dazu erklärt Janine Wissler, wirtschaftspolitische Sprecherin und Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„General Motors hat Beschäftigten, Regierungen und Kaufinteressenten in dreister Weise demonstriert, dass sich das Management in Detroit nichts anderem verpflichtet fühlt als den Renditen des eigenen Mutterkonzerns. Dennoch haben die Bundesregierung und die Hessische Landesregierung in den bisherigen Verhandlungen konsequent darauf verzichtet, der Konzernführung feste Bedingungen für die Gewährung finanzieller und politischer Hilfe abzuverlangen.

DIE LINKE hat darauf gedrängt, dass Steuergelder nur im Gegenzug für öffentliche Kontrolle und eine Arbeitsplatzgarantie gewährt werden. Wir wollen keinen staatlich subventionierten Arbeitsplatzabbau. Wir sehen jetzt, welche dramatischen Folgen das blinde Vertrauen in marktförmige Lösungen haben kann. Durch die Alleingänge der deutschen Politik, zum Beispiel im Vorfeld des geplatzten Magna-Deals, wurden die Voraussetzungen für eine gesamteuropäische Lösung im Keim erstickt. Die europäischen Regierungen haben sich gegeneinander ausspielen lassen. Das rächt sich jetzt.“

Wenn General Motors nun neue Forderungen stelle, müsse öffentlich bekannt sein, mit welchen Zielen und mit welcher Einschätzung der Situation die Landesregierung in die Verhandlungen gehe. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) seien den Beschäftigten klare Antworten schuldig, so Wissler.

 

Wortlaut:

Dringlicher Berichtsantrag
der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Fraktion

betreffend Staatshilfen für die Restrukturierungspläne von General Motors

General Motors wäre aus eigener Kraft nicht in der Lage gewesen, Opel über den Sommer zu halten. Nur mit Hilfe der Brückenkredite von Bund und Ländern hat die europäische GM-Tochter überhaupt überlebt. Die Regierungen in Bund und Ländern haben jedoch darauf verzichtet, sich im Gegenzug zu den Krediten Beteiligungen und Mitspracherechte bei Opel zu sichern. Im Herbst 2009 wurden sie von der Entscheidung von GM, Opel nicht zu verkaufen, völlig überrascht.

Bisher ist es nicht gelungen, ein gemeinsames Vorgehen der betroffenen europäischen Regierungen abzustimmen. Dazu hat auch der Alleingang der Bundesregierung und der Landesregierungen im Zuge der Gewährung des Brückenkredites beigetragen. Im Moment kann General Motors die europäischen Regierungen gegeneinander ausspielen und den Standortwettbewerb eskalieren.

GM will den Standort Antwerpen schließen und inklusive Altersteilzeit ca. 10.000 Arbeitsplätze in Europa abbauen. Für dieses Konzept fordert GM 2,7 Mrd. Euro von den europäischen Regierungen und einen Verzicht der Belegschaft in Höhe von 265 Mio. Euro jährlich. Der Betriebsrat fordert im Gegenzug zu einem Arbeitnehmerverzicht die Sicherung aller Standorte und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.


Die Landesregierung wird ersucht, im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr über folgenden Gegenstand zu berichten:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Pläne bzw. das Restrukturierungskonzept von General Motors für die Zukunft von Opel?

2. Welche Bedingungen knüpft die Landesregierung an die Gewährung öffentlicher Hilfen für General Motors?

3. Unterstützt die Landesregierung die Forderungen der Belegschaft nach Standortsicherung aller Standorte in Europa und Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, und wenn ja wie?

4. Welche Abstimmungen und Absprachen gibt es zwischen dem Bund und den betroffenen Landesregierungen über ein gemeinsames Vorgehen gegenüber General Motors? Falls es keine Abstimmung gibt, warum nicht?

5. Welche Abstimmungen und Absprachen gibt es zwischen den betroffenen europäischen Regierungen (nationalen und regionalen) über ein gemeinsames Vorgehen gegenüber General Motors? Falls es keine Abstimmung gibt, warum nicht?

6. Welcher Anteil der von den europäischen Regierungen geforderten 2,7 Mrd. Euro soll nach Willen von General Motors von deutscher Seite getragen werden? Welcher Anteil entfällt auf den Bund, welcher auf die Länder und welcher auf Hessen?

7. Bis wann soll aus Sicht der Landesregierung eine Entscheidung über Staatshilfen gefällt werden?

8. Wie gedenkt die Landesregierung den Landtag bei der Entscheidung über Staatshilfen zu beteiligen?

9. Mit welchen Konsequenzen für die deutschen Opel-Standorte und ihre Beschäftigten ist nach Meinung der Landesregierung zu rechnen, falls Bund und Länder die Anfrage von GM auf Staatshilfen ablehnen?

10. Trifft es zu, dass General Motors mit der Schließung des Standortes Eisenach droht, falls Staatshilfen nicht gegeben werden?

11. Trifft es zu, dass General Motors im schlimmsten Fall androht, alle deutschen Standorte bis auf Rüsselsheim zu schließen?

12. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, ob GM plant, die Produktion der Modelle Corsa und Meriva in das ungarische Werk in Szentgotthárd zu verlagern und dort ebenfalls die Motoren- und Getriebefertigung auszubauen?

13. Welchen Weg sieht die Landesregierung, sich einerseits von GM nicht erpressen zu lassen und andererseits Beschäftigung zu sichern und die (mittelständische) Zulieferindustrie nicht in den Ruin zu treiben?



Wiesbaden, den 10. Februar 2010


Janine Wissler