Für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Die Landesregierung hat im letzten Jahr die Bildung von handelbarem Stammkapital durch die Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes ermöglicht obwohl der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, die Sparkassenvorstände, der Deutsche Städtetag, der Hessische Städtetag, der Hessische Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag und der Hessische Landkreistag, der DGB, die Gewerkschaft ver.di, die Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen-Personal- und Betriebsräte, der Hessische Handwerkstag und viele Beschäftigte und Bürger dokumentiert durch 80.000 Unterschriften das ablehnen.
Daher bin ich sehr froh, dass es heute – mit anderen Mehrheiten – die Möglichkeit gibt sich ernsthaft mit den Bedenken der 80.000 auseinanderzusetzen.
DIE LINKE tritt ein für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sparkassen. Im Gegensatz zu den privaten Banken sollen die Sparkassen dem Gemeinwohl und nicht der Gewinnerwirtschaftung dienen.
Ich will drei Gründe für den Erhalt nennen:
- Die Versorgung mit Finanzdienstleistungen muss auch in strukturschwachen Regionen gewährleistet sein. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind in allen Landkreisen präsent, während in jedem zehnten Landkreis keine Niederlassung einer privaten Großbank existiert.
- Das öffentliche Bankensystem hat eine gesamtwirtschaftliche Funktion, die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen, für das Handwerk sowie für Selbstständige. DIE LINKE will keine Diskriminierung einkommensschwacher Haushalte bei der Kreditvergabe, Menschen sollen nicht in "rentabel" und "nicht rentabel" eingeteilt werden.
- Sparkassen und Landesbanken sind potentiell ein Instrument für eine regionale Wirtschaftspolitik. Der Einfluss der Kommunalparlamente bei der Besetzung der Entscheidungsorgane sollte genutzt werden, um Schwerpunkte bei der Kreditvergabe zugunsten regional-, beschäftigungs- oder sozialpolitisch erwünschter Investitionen umzusetzen.
Es gibt keinen Sachzwang und erst recht keine guten Gründe, die diese Liberalisierungsvorhaben sinnvoll und vermittelbar erscheinen lassen.
Die öffentlichen Kreditinstitute haben im bundesdeutschen Spar- und Kreditgeschäft mit einem Marktanteil von gut einem Drittel eine starke Position. Die privaten Großbanken kommen nur auf einen Marktanteil von rund einem Viertel.
Privatisierung der Sparkassen
Daher ist es nicht überraschend, dass immer öfter gefordert wird, gesetzliche Privatisierungshürden für Sparkassen niederzureißen. Akteure sind hier neben dem Internationalen Währungsfonds und der neoliberalen Wirtschaftswissenschaft vor allem die privaten Großbanken.
Denn gerade die haben ein handfestes ökonomisches Interesse an der Abschaffung ihres Hauptkonkurrenten, den öffentlichen Kreditinstituten. Für sie stellen öffentliche und genossenschaftliche Institute eine „dauerhafte Gewinnbremse“ dar.
Schützenhilfe kommt von der EU-Kommission, die den öffentlichen Bankensektor schwächen will: wie der Streit um den „Sparkassen“- Bezeichnungsschutz oder die Drohung mit einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen die Sparkassen zeigen.
Die Schwächung der öffentlich-rechtlichen Banken wird aber nicht nur von Brüssel vorangetrieben, sondern eben auch von Wiesbaden.
Das Siebente Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes ermöglicht die Bildung von Sparkassen-Stammkapital. Für DIE LINKE ist die Bildung und Handelbarkeit von Stammkapital der erste Schritt zur Privatisierung von Sparkassen.
Auch wenn die Handelbarkeit zunächst auf Verkäufe innerhalb des öffentlichen Bankensektors beschränkt bleibt, kann das keinesfalls beruhigen. Es gibt die Gefahr, dass Privatbanken bzw. ihre Verbände vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Wettbewerbsbenachteiligung klagen. Bei einer entsprechenden Gerichtsentscheidung könnten sich dann auch private Geschäftsbanken in Sparkassen einkaufen und damit würde das reine Gewinnstreben auch in den Sparkassen um sich greifen.
Mit diesem Gesetz wird der EU-Kommission die Vorlage geliefert, die sie zum weiteren Aufbrechen des öffentlichen Bankensektors nutzen kann. Es droht indirekt eine Privatisierung, die der Landesregierung auf direktem Wege nicht durchsetzbar erschien. Das ist eine Arbeitsteilung zwischen Wiesbaden und Brüssel.
Daher lehnt DIE LINKE die Regelungen zur Bildung und Handelbarkeit von Stammkapital ab, weil wir längerfristig eine Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Sparkassensektors befürchten. Wir wollen nicht, dass sich die Ausrichtung des Trägers weg vom öffentlichen Auftrag hin zum Renditedenken entwickelt.
Die negativen Folgen wären der Verlust der Gemeinwohlorientierung, der regionalen Verwurzelung und Präsenz vor Ort, der Grundversorgung der Bevölkerung, der Wirtschafts- und Kulturförderung, aber auch der Verlust von Arbeitsplätzen in den Regionen.
Im Kern geht es um eine weitere Liberalisierung der Finanzmärkte, der öffentlich-rechtliche Bankensektor stellt ein Hindernis dar für alle die, die einen noch ungezügelteren Kapitalismus und noch weniger regulierte Finanzmärkte wollen. Wohin das führt, kann man derzeit an den Finanzmärkten beobachten. Die weltweit zu befürchtenden Verluste dieser Krise beziffert der IWF in seinem jüngsten Finanzstabilitätsreport auf fast 1.000 Milliarden US-Dollar. Wenn sogar Herr Ackermann das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes verloren hat, dann sollte auch die hessische Landesregierung dies mal überdenken.
Mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Offenbach, Stammkapitalbildung bei der Sparkasse Offenbach zu ermöglichen und zu übertragen, hat das Rennen begonnen. Mit 64:5 haben sich die Stadtverordneten dafür ausgesprochen. Eingebracht wurde der Antrag vom rot-grünen Magistrat.
Frau Habermann, Herr Al-Wazir, ich hoffe, dass sie hier im Landtag anders entscheiden werden, als sie dies in der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung getan haben.
DIE LINKE teilt die Bedenken von Seiten des DGB, verdi und den Personalräten und befürwortet daher die entsprechenden Teile des hier vorliegenden Gesetzentwurfs der SPD.
DIE LINKE tritt dafür ein, dass die Trägerschaft für die Sparkassen bei den Kommunen bleibt – und damit unter der Kontrolle der kommunalen Parlamente. Eine Übertragung der Trägerschaft auf den Verband lehnen wir ab. Wir stehen für eine Stärkung der regionalen Verankerung der Sparkassen. Wir wollen keine Konzentration, die Arbeitsplätze gefährdet.
Das Regionalprinzip muss erhalten bleiben, das Filialnetz darf nicht ausgedünnt werden.
Auch hier sind wir uns mit den Personalräten einig: Wir wehren uns dagegen ohne politische Diskussion im Kleingedruckten Grundsatzentscheidungen zu treffen.
Daher lehnen wir entsprechende Teile im Gesetzentwurf der SPD ab.
DIE LINKE will eine breite Debatte und keine übereilte Weichenstellung, die zu einem Konzentrationsprozess in der Sparkassenlandschaft führen würde.
Was wir wollen
Wir wissen, dass die öffentliche Trägerschaft kein Garant für eine gemeinwohlorientierte Geschäftspolitik ist, aber sie ist notwendige Voraussetzung dafür. Nur mit dieser Rechts- bzw. Eigentumsform kann eine effiziente gemeinwohlorientierte Kreditvergabe sichergestellt werden. Nur bei öffentlichen Banken kann das Spar- und Kreditgeschäft in einem gewissen Ausmaß von den Renditeerwartungen der Finanzmärkte abgekoppelt werden.
Private, Gewinn maximierende Kreditinstitute können dies nicht. So wichtig es ist, den öffentlichen Bankensektor zu verteidigen, darf darüber die Forderung nach einer Weiterentwicklung nicht vergessen werden. Hierzu gehört zunächst, die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten für die demokratisch bestimmten Vertreter in den Verwaltungsräten zu vergrößern.
Und wir wollen eine Einbeziehung der Beschäftigten. Dafür wird DIE LINKE sich stark machen.