Rede zur Aktuellen Stunde zum Bildungsstreik und zur Räumung des Casinos

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

ich freue mich über diese Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU, auch wenn man den Eindruck hat, dass sich Ihnen die bildungspolitische Dimension des Themas noch nicht erschlossen hat, zumindest haben Sie dazu nichts gesagt.
Heute finden in Bonn unter dem Motto „Kultusminister nachsitzen“ Proteste und Blockaden anlässlich der Kultusministerkonferenz statt. Der Deutsche Hochschulverband fordert alle Dozentinnen und Dozenten auf, ihre Lehrveranstaltungen zu verschieben, um die Proteste zu unterstützen.

Im Rahmen des Bildungsstreiks protestieren Tausende gegen die gravierenden Mängel an den Schulen und Hochschulen, die chronische Unterfinanzierung und die Selektivität des Bildungssystems.
Eines wurde bereits erreicht: Bildungspolitik rückt in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Und auch der Bundespräsident zeigt Verständnis für die Proteste der Studierenden.
Die Aktivisten fordern demokratische Schulen und Hochschulen, die sich an den Menschen und nicht an der ökonomischen Verwertbarkeit orientieren. Bildungsblockaden wie Gebühren und Zulassungsbeschränkungen müssen fallen.
Mit der Umstellung auf Bachelor und Master ist der Leistungsdruck enorm gestiegen. Pflichtwochenstunden und Klausuren haben drastisch zugenommen. Das führt zum sogenannten Bulimie-Lernen, vor Klausuren wird schnell auswendig gelernt und anschließend alles wieder ausgespuckt. Freies und selbstbestimmtes Lernen braucht Zeit und Raum.
Derzeit versuchen die Studierenden beides zurückzuerobern. Deshalb ist Besetzung eigentlich der falsche Ausdruck: Die Studierenden holen sich ihre Hochschulen zurück - von den undemokratischen Hochschulräten und den privaten Sponsoren.

Auch viele Schülerinnen und Schüler demonstrieren für kleinere Klassen, die Abschaffung des Turboabiturs G8, eine Schule für Alle und ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen.

Lehrerinnen und Lehrer wehren sich, auch wenn die Landesregierung ihnen das Streikrecht absprechen will, ein Grundrecht, das ihnen nach europäischem Recht zusteht. Lehrer sind keine Leibeigenen und das 19. Jahrhundert ist vorbei.

Räumung Frankfurter Uni
CDU und FDP versuchen die Proteste zu kriminalisieren, um von der Bildungsmisere und Ihrer verfehlten Politik abzulenken. Studierende organisieren über 70 Workshops, alternative Seminare und Veranstaltungen an der Frankfurter Uni.

Aber statt sich mit den Argumenten und Forderungen auseinanderzusetzen wie andere Hochschulleitungen, lässt man die Studierenden mit einem massiven Polizeieinsatz räumen, wegen des Fehlverhaltens einiger Weniger. Damit wurde ein fatales Signal gesetzt, das das Vertrauensverhältnis zwischen dem Präsidenten und den Studierenden tief erschüttert hat.
Es ist absurd, Studierende der eigenen Hochschule wegen Hausfriedensbruch anzuzeigen, sie sind Teil der Hochschule.
Deshalb fordere ich den Präsidenten der Frankfurter Uni auf, die Anzeigen wegen Hausfriedensbruch gegen die Studierenden zurückzunehmen, sowie den Spekulationen über Hausverbote oder Zwangsexmatrikulationen ein Ende zu bereiten.
Die Besetzungen liefen fast überall ohne größere Schäden ab, verglichen mit früheren Studierendenbewegungen wie 1968 mit Aktionen wie die Springer-Blockade. Wo stünden wir heute, wenn es diese Bewegung nicht gegeben hätte?
Viele Studierende, Anwohner, die Gewerkschaft GEW und der AStA sprechen von einem brutalen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatz, von Prügelszenen und Schlagstockeinsatz. Einige Studierende haben Knochenbrüche erlitten, fünf sind im Krankenhaus behandelt worden. Ein Polizist soll seine Schusswaffe gezogen haben.
Über 100 Studierenden wurden mitsamt Dozent von der Polizei aus dem Casino getragen, wo gerade eine Veranstaltung zum Bildungsbegriff von Kant und Humboldt stattfand.
Es wird offenkundig versucht, die Proteste zu diskriminieren, kritische Veranstaltungen zu unterbinden und eine Auseinandersetzung mit den berechtigten Forderungen der Studierenden zu umgehen. Sie fordern die Probleme im Dialog zu lösen, zu dem Ihre Regierung nie bereit war. Dialog funktioniert nicht mit dem Einsatz von Polizeiknüppeln.
Wir werden zur Räumung des Casinos einen Berichtsantrag einbringen, um die Vorgänge aufzuklären.

Der Bildungs-Vandalismus der Landesregierung ist das Problem und der lässt sich auch nicht mit zwei Eimern Farbe beheben. Wer die Bildung kaputtspart, der betreibt mutwillige Zerstörung der Zukunftschancen junger Menschen und davon wollen sie ablenken. Deshalb nehmen Sie bemalte Wände zum Vorwand, um den Protest zu kriminalisieren.

Sonst stört Sie der Zustand der Räumlichkeiten an den Unis wenig, z.B. dass in Frankfurt einige Gebäude den Brandschutz nicht erfüllen, denn Bildung ist chronisch unterfinanziert, während maroden Banken Milliarden an Steuergeldern in den Rachen geworfen werden.

Die Proteste sind legitim und berechtigt. DIE LINKE solidarisiert sich mit dem Bildungsstreik und den heutigen Protesten gegen die Kultusministerkonferenz.


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