Rede zum Haushaltseinzelplan Wissenschaft und Kunst

Bildung ist Menschenrecht – mehr Geld für Hochschulen


Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Die Hochschulen in Deutschland und Hessen sind seit langem unterfinanziert, auch wenn die Regierungen immer von der dringend notwendigen Stärkung von Forschung und Lehre reden.

Die neue Bundesregierung hat angekündigt für Bildung und Forschung bis 2013 insgesamt 12 Milliarden Euro mehr bereitzustellen – also jährlich drei Milliarden. Um das Ziel des Bildungsgipfels zu erreichen, nämlich 7 Prozent des BIP für Bildung, müsste jedes Jahr rund 25 Milliarden zusätzlich für Bildung ausgegeben werden. Und das wäre auch noch weit unter dem tatsächlichen Bedarf.
Jetzt hat die Finanzministerkonferenz verkündet, das Bildungsgipfel-Ziel werde ganz von alleine schon in diesem Jahr erreicht, durch Umbuchungen. Man habe nämlich noch haufenweise Bildungsausgaben gefunden, die man bisher nicht eingerechnet habe: Etwa steigende Pensionszahlungen für Lehrer und Professoren, Steuererleichterungen für forschende Unternehmen oder Ausbildungsfreibeträge bei der Einkommenssteuer.
Dazu kommt, dass das BIP aufgrund der Wirtschaftskrise sinkt, es kommt Ihnen also entgegen. Die hehren Ziele des Koalitionsvertrages werden also mit statistischen Tricks erreicht, ohne dass nennenswert mehr in das marode Bildungssystem fließt und ohne dass es reale Verbesserungen gibt.
Schwarz-Gelb setzt auf eine Erhöhung der privaten Bildungsausgaben, um den Anteil an Bildungsausgaben am BIP zu erhöhen, und das verschärft die soziale Ungerechtigkeit des deutschen Bildungssystems. Hochschulfinanzierung ist eine staatliche Aufgabe, mangelnde Finanzierung kann nicht auf die Studierenden abgewälzt werden.

Vollmundig hat die Kanzlerin im vergangenen Jahr die „Bildungsrepublik“ ausgerufen und zum Bildungsgipfel eingeladen, der bildungspolitisch eher auf Kellerniveau war. Bildung bleibt Ländersache und Frau Schavan Ministerin ohne Geschäftsbereich. Ein integrierendes Bildungssystem aus einem Guss wird es nicht geben.
Die neue Bundesregierung will jetzt ein Stipendienprogramm einführen: Besonders begabte Studierende sollen 300 Euro im Monat erhalten. Hierzu müssen die Hochschulen allerdings die Hälfte des Geldes bei Wirtschaft und Privaten einwerben, erst dann wird aus öffentlichen Geldern von Bund und Ländern der Rest bezuschusst. Das ist wieder ein Beispiel, wie man ohne jede Zielgenauigkeit und ohne Verstand Geld in die Landschaft blasen kann, statt das BAföG zu erhöhen und damit die Studierende zu fördern, die keine reichen Eltern haben. Es freut mich zu lesen, dass die Hochschulbesetzungen einen ersten Erfolg verzeichnen können, die Bundesregierung erwägt jetzt doch das BaFöG zu erhöhen werden, das ist eine gute Nachricht für die Studierenden.

Bund und Länder haben sich auf eine Fortsetzung des „Hochschulpakts 2020“ verständigt, aber dieser ist nicht ausreichend. Wenn wir die im internationalen Vergleich niedrige Studienanfängerquote von derzeit unter 40 Prozent deutlich steigern wollen, brauchen wir mindestens 370.000 und nicht nur 275.000 zusätzliche Studienplätze.
Zudem ist der Hochschulpakt unterfinanziert und schreibt die miserablen Betreuungsverhältnisse an den Hochschulen fort. An den Universitäten kommen heute auf eine Hochschullehrerstelle 60 Studierende, in manchen Studiengängen sind es sogar 80, 100 oder 140 Studierende. Wir brauchen nicht nur mehr Studienplätze, sondern auch bessere Studienbedingungen – durch deutlich mehr Personal.
Es wird ein Sonderprogramm nach dem anderen aufgelegt, was die Hochschulen aber brauchen sind keine zeitlich befristeten Sonderprogramme, sondern eine bedarfsgerechte langfristige Finanzierung, auf die sie sich verlassen können. Die kurzfristigen Investitionshäppchen führen dazu, dass immer nur in Beton und nicht in Köpfe investiert wird. Nur ein höheres Grundbudget kann unbefristete Beschäftigung an den Hochschulen schaffen und sichern und so Forschung und Lehre dauerhaft verbessern.

DIE LINKE fordert eine am wachsenden Bedarf orientierte öffentliche Finanzierung von Hochschule und Forschung. Statt die Differenzierung in Elite- und Massehochschulen voranzutreiben muss eine regional ausgewogene Hochschulfinanzierung in der Fläche gewährleistet werden.

Wir lehnen eine staatliche Förderung von elitären Parallelgesellschaften wie die European Business School, kurz EBS, ab.
Die EBS bekommt in den nächsten Jahren eine Anschubfinanzierung für ihren Standort in Wiesbaden von 35 Millionen Euro. Das sind Steuergelder, die größtenteils von Menschen stammen, deren Kinder niemals die EBS besuchen können. Das kostet nämlich 12.000 Euro im Jahr. Dafür studieren die Kinder reicher Eltern in einem Schloss am Rhein inklusive eigenem Weingut, während die Kinder aller anderen – wenn sie es überhaupt bis an die Hochschule schaffen – in vergammelten und überfüllten Hörsälen sitzen.
Allein in diesem Jahr bekommt die EBS 5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt, während die Landesregierung gerade des Schulobstprogramm aus Kostengründen streichen will.
EBS statt Obst – das zeigt wieder einmal sehr deutlich, wo die Prioritäten dieser Landesregierung liegen.
Im Grundgesetz ist festgelegt, dass es auch in Privatschulen eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert werden darf.

Hessen hat die Studiengebühren an den staatlichen Hochschulen abgeschafft und gibt jährlich etwa eine halbe Million Euro Steuergelder an eine Hochschule, die von ihren Studierenden derart hoch Gebühren verlangt. Das ist doch absurd.

Bei der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt hat der Druck der Studierenden und der Lehrenden gewirkt. Die Mittel werden im Landeshaushalt aufgestockt und die EFHD muss keine Studiengebühren erheben. Das begrüßen wir.

Hessen hat im letzten Jahr einen großen Schritt hin zu mehr Chancengleichheit gemacht – Sie haben dazu nichts beigetragen – und als erstes Bundesland Studiengebühren wieder abgeschafft. Aber nicht alle, der Verwaltungskostenbeitrag ist nichts anderes als eine Gebühr und wird weiterhin erhoben. Genauso wie die Gebühren für Gasthörer und für die Weiterbildung. Diese Gebühren müssen abgeschafft werden, denn der Zugang zu Bildung muss unabhängig sein vom Status und Geldbeutel.
Die Tochter des Bankdirektors darf nicht aufgrund ihrer Herkunft bessere Bildungschancen haben als das Kind der allein erziehenden Teilzeitangestellten.
Weil die Landesregierung aber vor allem Politik für die Tochter des Bankdirektors macht, die weder auf ein Studentenwohnheim noch auf die Mensa angewiesen ist, kommen auch die sozialen Belange der Studierenden im Haushalt zu kurz.
Die Studentenwerke sind seit langem unterfinanziert, der Anteil der Landeszuschüsse an den Etats liegt bei nur noch 10%. Der Rest wird über die Sozialbeiträge der Studierenden und andere Einnahmen gedeckt. D.h. faktisch fördern sich die Studierenden selbst, so werden die Studentenwerke ad absurdum geführt. Die Erfüllung der Kernaufgaben ist in Gefahr, das zeigt sich bei Kultur, Sport und Gesundheit, vor allem aber bei den Wohnheimen, die nicht renoviert werden können. Wir wollen die Zuschüsse für die Studentenwerke um ein Sechstel auf 12 Mio. erhöhen. Und wir fordern analog zu HEUREKA, dem Hochschulbauprogramm des Landes, mit dem Sie sich gern rühmen, ein STEUREKA zur Sanierung der Studentenwohnheime. Das ist ein kleines Konjunkturprogramm vor allem für das Handwerk und hilft Energie einzusparen. Zudem entlasten attraktive Studentenwohnheime die Wohnungsmärkte in den Hochschulstädten und ermöglichen den Studierenden ein hochschulnahes Wohnen ohne lange pendeln zu müssen.
Bildung ist mehr als Ausbildung, und Bildung darf keine Ware werden, die man kaufen kann, wenn man es sich leisten kann – oder eben nicht. Wir wollen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft, weder in der Bildung noch beim Zugang zu Kultur. Die Landesregierung hat mit der Operation Düstere Zukunft massive Kürzungen im Kulturbereich eingeleitet, diese Kürzungen müssen zurückgenommen werden.