OPEL - Der Jubel ist unangebracht

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

die Ankündigung von GM mit Magna über eine Übernahme von Opel zu verhandeln, sichert noch keinen Arbeitsplatz bei Opel, um das klar zu sagen.

Noch ist nichts entschieden und GM stellt Bedingungen, die Zündstoff für die Verhabdlungen bergen und diese noch scheitern lassen können. Denn GM würde Opel am liebsten behalten, kann sich aber die Sanierung nicht leisten.

Was aber klar ist: tausende Opel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ihren Arbeitsplatz verlieren. Jubel ist also völlig unangebracht. Viele Beschäftigte verbanden mit Magna die Hoffnung auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Leider in vielen Fällen zu unrecht, Magna will europaweit mehr als ein Fünftel der etwa 50.000 Stellen abbauen, davon in Deutschland 4.300, mehr als bisher angekündigt.

Ich hätte mir gewünscht, die SPD hätte etwas zu den Äußerungen von Ludwig Stiegler, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag, gesagt.

Der hat gerade erklärt, dass er den Stellenabbau über die angekündigten 3.000 Arbeitsplätzen hinaus bei Opel Deutschland für unumgänglich halte.

Das klingt nicht so, als würde die SPD nach der Bundestagswahl um die Arbeitsplätze bei Opel kämpfen. Und Stiegler hat offensichtlich immer noch nicht verstanden, dass der Abbau von Arbeitsplätzen keine Arbeitsplätze sichert.

Magna-Konsortium

Magna ist nicht die Caritas, auch wenn Magna-Gründer Frank Stronach davon spricht Opel „helfen“ zu wollen. An den Staatshilfen und am technischen Know how ist man interessiert.

Denn Magna steckt selbst in Schwierigkeiten durch die Krise in der Automobilindustrie. Im ersten Quartal 2009 halbierte sich der Umsatz fast, der Nettoverlust betrug 150 Millionen Euro. Zeitarbeiter wurden entlassen und die Angestellten gedrängt, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten.

Und mit dem Einstieg bei Opel gefährdet Magna seine Position als Zulieferer für andere Autohersteller, wie VW und BMW, weil Magna mit der Übernahme von Opel zu einem Konkurrenten wird.

Magna will die Mehrheit bei Opel gemeinsam mit der staatlich kontrollierten russischen Sberbank übernehmen, die derzeit unter hohen Kreditausfällen leidet. Eigentlich ein schlechter Zeitpunkt, um bei Opel einzusteigen und Kapital zu binden. Aber die russische Regierung will sich dadurch Zugriff auf technisches Know-how verschaffen. Deshalb hat sie an der Allianz mitgewirkt.

Industrieller Partner von Magna ist der russische Autohersteller Gaz, ebenfalls hoch verschuldet und mit einem Absatzrückgang von 60% im laufenden Jahr, die Mitarbeiter mussten bereits massive Lohnkürzungen hinnehmen. Schon jetzt stützt die russische Regierung das Unternehmen mit Staatshilfen.  

Die FAZ kommt zu dem Schluss: „GAZ rettet nicht Opel. Opel, so angeschlagen die Firma selbst ist, hilft bei der Rettung von GAZ.“

Ich fasse zusammen: ein angeschlagener Zulieferer und eine angeschlagene Bank übernehmen einen angeschlagenen Autohersteller. Warum der sich jetzt auf eine große Zukunft freuen soll, ist nicht nachvollziehbar.

Beschäftigte

Auch die Beschäftigten sollen an Opel beteiligt werden, zu 10 Prozent. Im Gegenzug erwartet Magna 1,5 Milliarden Euro Lohnverzicht in den nächsten fünf Jahren. Mit 10 Prozent können die Beschäftigten wenig Einfluss nehmen, tragen aber das Risiko des Verlustes, denn bei einer Insolvenz kann sich ihre Beteiligung in Luft auflösen. Und Lohnverzicht rettet keinen Arbeitsplatz.

Ambitiöse Probleme mit wenig Risiko

Für dieses Jahr werden 2,4 Milliarden Verlust bei Opel erwartet, aber schon 2014 sollen1,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht werden, unter anderem durch die erhebliche Kosteneinsparungen beim Personal.

Die Pläne sind aber mehr als ambitioniert, angesichts der Tatsache, dass die Beteiligung von GM die Absatzchancen von Opel beschränkt, denn die wachsenden asiatischen Märkte und der nordamerikanische Markt sind für Opel Tabu.

Warum ist Opel für Magna trotzdem attraktiv? Die Antwort darauf gibt nicht Magna, sondern Ripplewood, der zweite potentielle Investor. Die FAZ schreibt:

„In den harten Nachtverhandlungen für die Opel-Rettung ist ein Satz gefallen, der entlarvenden Charakter hat. Er gibt eine Antwort auf die Frage, wer eigentlich das Risiko der Opel-Rettung trägt. Der Finanzinvestor Ripplewood wurde gefragt, warum er trotz geringer Erfahrungen mit dem Autobau an Opel Interesse habe. Der ehrliche Satz: ‚Wir haben uns die asymmetrische Risikoverteilung angesehen und dann entschieden, auf diese Wette können wir eingehen’.“

Opel ist für Magna ein Schnäppchen, die Risiken trägt der Steuerzahler in Form von Staatsgarantien über 4,5 Milliarden Euro. Im eigentlichen Sinne des Wortes ist Magna gar kein Käufer, denn das Unternehmen bekommt mehr Geld für Opel als es selbst investiert.

Bundesregierung und Länder einigten sich auf Staatsgarantien für den zukünftigen Investor, ohne Bedingungen, ohne Garantien, weder für die Standorte, noch für eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen.

Ist die EU schuld?

Die Große Koalition erklärt, sie habe keine verbindlichen Garantien verlangen können, weil das dem EU-Wettbewerbsrecht widersprochen hätte. Das ist der unzulässige Versuch der Bundesregierung ihre Verantwortung nach Brüssel abzuschieben, denn das Beihilfeverbot schließt nur staatliche Beihilfen aus „die den Wettbewerb verfälschen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Aber hätte es denn den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, wenn man eine Standort- und Arbeitsplatzgarantie für alle europäischen Standorte verlangt hätte, anstatt nur national zu denken?

Während vom vereinigten Europa geredet wird, wird hier reinster Standortnationalismus betrieben.

Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften sind gut beraten, über die Grenzen und Standorte hinweg gemeinsam Druck zu machen, an die Öffentlichkeit und auf die Straße zu gehen und sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen. Kampf um jeden Arbeitsplatz kann das Motto nur lauten.

Es hätte eine Alternative gegeben

Die Regierung ermöglicht, dass mit Hilfe des Steuerzahlers tausende Arbeitsplätze zerstört werden, statt ihre Hilfe an klare Bedingungen zu knüpfen, nämlich an den Erhalt aller Arbeitsplätze und Standorte und an eine Lohngarantie.

Und keine öffentlichen Mittel ohne öffentliche Kontrolle. Als Gegenleistung für Steuergelder müssen Bund und Länder reale Einflussmöglichkeiten erhalten und zudem die Beschäftigten beteiligt werden.

Das VW-Gesetz zeigt, dass eine staatliche Beteiligung an Automobilherstellern möglich ist und das Unternehmen erfolgreich sein kann, das hat auch der Betriebsrat von Opel gefordert.

Wir brauchen ein Zukunftskonzept für Opel hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln im Rahmen einer zukunftsgewandten Verkehrspolitik. Wer die Produktionsmittel besitzt, bestimmt auch, was damit produziert wird, z.B. umweltfreundlichere Autos oder eben Alternativen zum Auto.

Opel könnte Vorreiter für den sozial-ökologischen Umbau der gesamten Automobilbranche werden. Diese Chance will die Bundesregierung nicht nutzen.

DIE LINKE hat als einzige Fraktion im Hessischen Landtag der vermeintlichen Opel-Rettung nicht zugestimmt, weil wir nicht wollen, dass der Abbau von Arbeitsplätzen auch noch aus Steuergeldern subventioniert wird.

Die Krise verdeutlicht die Notwendigkeit einer grundsätzlich anderen demokratischen Wirtschaftsordnung. Was wir derzeit erleben ist nicht dem Versagen einzelner Manager oder Aufsichtsräte geschuldet, sondern im kapitalistischen System angelegt. Die grundlegende Veränderung und Demokratisierung der Eigentumsverhältnisse ist nötig.

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