AKW Biblis muss vom Netz – für den Ausstieg aus der Atomkraft

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

da der Landtag das Organ ist, das die Landesregierung kontrollieren soll, verfolge ich die Aktivitäten der Landesregierung stets aufmerksam. Und so war ich schon erstaunt, als ich in der Terminliste der Landesregierung, die uns ja regelmäßig zugeht, las, dass der Ministerpräsident an einer Demonstration teilnimmt.

Der LINKEN wird ja von der rechten Seite des Hauses gerne vorgeworfen, die Straße politisch zu nutzen und dadurch womöglich Unruhen zu schüren. Nun hat der Ministerpräsident die Straße für sich entdeckt und demonstriert in Biblis – unter dem Motto „Kernig in die Zukunft“.

Der Atomkraftwerksbetreiber RWE organisiert eine Demonstration für Atomenergie, lässt seine Auszubildenden mit eigens gecharterten Bussen nach Biblis karren, sorgt für die Verpflegung und die Teilnahme gilt als Arbeitszeit, aber das ist angeblich eine unabhängige politische Willensbekundung und ganz freiwillig.

In der Presse wurde ein Auszubildender zitiert, er würde lieber bei der Anti-Atom-Demo am Samstag in Berlin mitmarschieren, aber: Lehrstelle sei eben Lehrstelle, und die sei „immer noch besser als die Bundeswehr“

RWE missbraucht die Angst ihrer Beschäftigten und Azubis vor Arbeitsplatzverlust für ihre Interessen und der Ministerpräsident unterstützt diese Pro-Atomkraft-Jubelveranstaltung mit seiner Teilnahme und erklärt, es sei ein gutes Zeichen, dass »junge Menschen für ihre Zukunft demonstrieren«. Eine strahlende Zukunft für unsere Kinder, RWE macht es möglich.

Und dann gab es in Anwesenheit des Ministerpräsidenten auch noch Ausschreitungen. Gegendemonstranten berichten, sie seien mit Äpfeln beworfen und aus der Demonstration herausgedrängt worden. Weder die Staatskanzlei noch die hessische CDU haben sich von diesen Ausschreitungen distanziert.

Sie lassen sich vor den Karren der Atomlobby spannen und schüren die Ängste der Auszubildenden. Da sie den Umstieg auf erneuerbare Energien verzögern und verschleppen und eher damit beschäftigt sind, Ihre unsägliche Kampagne gegen Windräder zu forcieren, bieten sie den jungen Menschen auch keine Alternativen. Ängste schüren und in die Sackgasse führen, das ist Populismus der schlimmsten Sorte. Diese Landesregierung ist sich wirklich für nichts zu schade.

Der Ministerpräsident ist leider nicht da, vermutlich ist er wieder außerparlamentarisch aktiv und blockiert irgendwo eine Straße.

Vor knapp zwei Wochen haben 50.000 Menschen in Berlin gegen Atomkraft demonstriert und zwar unbezahlt in ihrer Freizeit. RWE schafft es nicht einmal Menschen aus der Region für sein Anliegen auf die Straße zu bringen – denn wer will schon in seiner Nachbarschaft das Risiko eines nuklearen GAU haben?

Der Reaktorblock Biblis A ist das älteste in Betrieb befindliche deutsche Atomkraftwerk, Biblis B ist nur unwesentlich jünger. Und die Unfallrisiken steigen mit jedem Jahr. Deshalb darf Biblis nicht mehr ans Netz gehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits eine Laufzeitverlängerung für Biblis A hat abgelehnt. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Atomkraft

Die meisten Menschen wissen seit dem Reaktorunfall in Tschernobyl, dass die Atomenergie keine Antwort auf die drängenden Fragen der Energieversorgung bietet. Dieser Unfall hat bis dato 70.000 Menschen das Leben gekostet und weite Teile in ganz Europa radioaktiv verseucht. Kleinere Unfälle, bei denen Radioaktivität freigesetzt wird, ereignen sich praktisch am laufenden Bande in den weltweit 440 Kernkraftwerken.

In der Frage der Abwehr terroristischer Gefahren argumentieren gerade die Innenpolitiker der CDU sehr viel gefahrenbewusster als in der Frage atomarer Katastrophen, die weit mehr Menschen treffen und schwerer schädigen könnten als jeder Terroranschlag – es sei denn, er richtet sich gegen ein Atomkraftwerk.

Kernenergie ist nicht klimaneutral

Die Kernenergie ist der Werbekampagne der Kraftwerksbetreiber zum Trotz keine saubere Energiequelle. Zu behaupten, Kernenergie sei klimafreundlich, da die Kraftwerke kaum CO2 ausstoßen, ist hanebüchen. In die Berechnung gehören nicht nur der Ressourcenverbrauch zum Bau und Erhalt der Atomkraftwerke, sondern auch die Energieaufwendungen zum Abbau und zur Anreicherung des Urans, das dort verbraucht wird.

Die Kernenergie ist, wenn man die gesamte Produktionskette betrachtet, bei weitem keine „saubere“ Technik, nicht einmal im Hinblick auf die Luftbelastung und natürlich schon gar nicht im Hinblick auf die atomaren Abfälle, die sie produziert.

Die Atomlobby gibt auch keine Antwort auf das weiterhin ungelöste Problem der Endlagerung der 450 Tonnen radioaktiven Mülls, den allein die deutschen Kernkraftwerke pro Jahr produzieren.

Wo dieser Abfall hin soll und wo er sicher zu lagern ist, bis seine Giftigkeit sich in hunderttausenden Jahren einmal abgebaut haben wird, darauf hat noch niemand eine Antwort gefunden. Man denke nur an die rostigen Atommüllfässer in Asse.

Schon Anfang der 80er Jahre gab es auch größte Bedenken gegen Gorleben als Lager für Atommüll. Die Kohl-Regierung hat damals Gutachter unter Druck gesetzt und Sicherheitsbedenken unter den Teppich gekehrt, um Gorleben durchzusetzen. Auch ein Hesse war hier am Werk, Heinz Riesenhuber, der damalige Bundesforschungsminister, hat maßgeblich dazu beigetragen diese Bedenken zu vertuschen.

Er kandidiert auf Platz 2 der hessischen Landesliste der CDU erneut für den Bundestag. Auf Platz1 kandidiert Franz-Josef Jung und auf Platz 3 Erika Steinbach.

Man kann der hessischen CDU nur gratulieren zu diesem attraktiven personellen Angebot, da haben Sie ein tolles Trio gefunden, jeder für sich ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko.

Die Kernkraftwerksbetreiber verdienen 300 Millionen Euro jährlich an jedem abgeschriebenen Kraftwerk, also besonders viel an den alten und unsicheren Werken, deren Laufzeiten sie daher gern verlängern wollen.

Börse

An der Börse wird derzeit verstärkt auf einen Wahlsieg von Schwarz-gelb spekuliert und auf längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke. Analysten raten zum Kauf von E.on- und RWE-Aktien. Denn die Börse interessiert sich bekanntlich nicht für das Leck in Krümmel und die Sumpfsiebe in Biblis. Die Kosten für die Folgen tragen nämlich nicht die Konzerne, die sie verursachen, sondern der Steuerzahler und die Opfer erhöhter Krebsrisiken.

Drastische Kurssprünge werden erwartet, sollte es eine schwarz-gelbe Regierung geben, ein Plus von 15 Prozent sei durchaus möglich. Für E.on wird eine unmittelbare Erhöhung des Aktienwerts um 2,85 Euro je Aktie erwartet, für RWE ein Plus von 4,62 Euro.

Das zeigt mal wieder deutlich, wer von Ihrer Politik profitiert.150.000 Euro spendet E.on Jahr für Jahr an CDU und FDP. Eine so konsequente Interessenvertretung sollte dem Unternehmen eigentlich mehr wert sein.

Aber die aktuelle Finanzkrise zeigt: Trau keinem Analysten. Manch einer hat sich verspekuliert und auch die Aktien der Atomriesen könnten sich nach der Wahl als ein Fehlkauf für die Anleger entpuppen. Denn es gibt in der Bevölkerung eine deutliche Mehrheit für den Atomausstieg, das weiß auch die Bundesforschungsministerin.

Ich habe heute gelesen, dass Annette Schavan ein Gutachten zur Atomenergie unter Verschluss hält, das sie selbst in Auftrag gegeben hat. Darin wird unter anderem der Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland gefordert. Schavan sind die Atom-Empfehlungen offenbar zu heikel, deshalb soll die Studie erst nach der Bundestagswahl vorgestellt werden. Denn mit Atomkraft lassen sich keine Wählerstimmen gewinnen, deshalb verschweigt die CDU, was sie nach der Wahl wirklich plant.

Ich halte fest:

Wir sind der Meinung: Klimaschutz verpflichtet.

Angesichts der dramatischen Entwicklung des weltweiten Klimas ist eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien notwendig und muss schnellstmöglich angegangen werden, anstatt mit Atom und Kohle veraltete und klimaschädliche Technik zu zementieren. Der Kampf gegen jedes Windrad, den die CDU führt, ist peinlich und verantwortungslos.

Wenn der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung von Februar von der Bewahrung der Schöpfung spricht, meint er offensichtlich ausschließlich die Wertschöpfung, denn der ordnen Sie alles unter.

Das Schreckensszenario, in Hessen oder in Deutschland könnten die Lichter ausgehen, ist reine Marketingpropaganda für die vier großen Energiekonzerne, Biblis ist abgeschaltet, die Glühbirnen brennen trotzdem, bzw. Energiesparlampen.

Die steigende Energiepreise und die Unfähigkeit der Energiekonzerne zu einer echten Energiewende zeigen, dass staatliche Regulierung nötig ist. Bis zur Aufhebung der Tarifaufsicht durch den CSU-Wirtschaftsminister 2007 gab es die auch.

Energieversorgung gehört als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle, damit die Sicherheit der Menschen im Vordergrund steht und nicht der Profit.