Diese Regierung braucht Druck
Rede von Janine Wissler zum Antrag der GRÜNEN betreffend ideologische Politik und Beratungsresistenz der Landesregierungam 8. Juli 2009
Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,
„Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen.“
Dieser Satz stammt von einem großen nicht-hessischen Vordenker der Konservativen, nämlich von George W. Bush, er könnte aber auch das Motto der Hessischen Landesregierung sein. Der Ministerpräsident war ja Medienberichten zufolge auch sehr beeindruckt von Bush, als er ihn traf.
Von sich überzeugt und ohne Selbstzweifel, so agiert die Regierung – und das völlig ohne Grund. Fünf Monate ist Ihre Pleiten-, Pech- und Pannen-Regierung jetzt im Amt. Die Bilanz ist fatal, eine Peinlichkeit folgt der nächsten – und das inmitten der tiefsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren.
Sie regieren gegen die Mehrheit der Bevölkerung, Ihre Regierung ist nicht nur unfähig, sie ist vor allem bösartig. Sie vertreten konsequent die Interessen der Reichen und Konzerne auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung, Sie agieren als Anwalt der Starken, die alles haben und noch mehr wollen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Erwerbslosen, die Rentner – was tut die Regierung Koch für sie? Sie wollen die Kosten der Wirtschaftskrise auf die Mehrheit der Bevölkerung abwälzen, statt endlich die zur Kasse zu bitten, die in den letzten Jahren die Profiteure des Aufschwungs waren.
Die Regierung und die sie tragenden Fraktionen legen im Umgang mit der Opposition einen Mangel an Souveränität an den Tag. Verständlich, denn wenn Sie anfangen würden, sich mit den Inhalten der Oppositionsforderungen zu beschäftigen, müssten Sie der Tatsache ins Auge sehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung inhaltlich nicht auf Ihrer Seite steht.
Bildungspolitik
Das zeigt sich in der Bildungspolitik, für die Sie 2008 abgewählt wurden. Zwei neue Bildungsministerinnen machen dort weiter, wo ihre Vorgänger aufgehört haben: neue Ideen – Fehlanzeige. Alter Mief statt frischer Wind.
In der Schulpolitik kommt Ihre ideologische Verbohrtheit voll zur Geltung: der Kampf gegen die integrierte Gesamtschule, die Verhinderung der Ganztagsschule, das Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem – das ist Politik von vorgestern.
In Ihrer Schulpolitik sind Sie nicht nur beratungsresistent, viel schlimmer noch, Sie sind erfahrungsresistent. Studien, wissenschaftliche Untersuchungen, Bildungsexperten - davon lassen Sie sich nicht beirren auf dem Weg zum Bildungsland Nummer 16.
Lehrer, Eltern und Schüler rebellieren gegen G8 – die müssen was nicht verstanden haben.
Und kaum wagt es die Ministerin laut über den Schulbesuch für Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus oder die Einführung von islamischen Religionsunterricht nachzudenken - wahrlich keine revolutionären Ideen, sondern in anderen Bundesländern Realität - schon ist der Stahlhelmflügel alarmiert und bekämpft die liberalen Umtrieben – ohne nennenswerten Widerstand der FDP.
Massive Kritik gibt es auch an dem Herzensprojekt der Kultusministerin: Die Selbständige Schule. Juristische Bedenken, pädagogische Zweifel, Kritik von Lehrern und Schulleitern werden einfach weggewischt. Kritische Berichte werden von der liberalen Ministerin zensiert, Karin Wolff lässt grüßen.
Privatschulen werden gefördert und boomen, während das staatliche Schulsystem in Hessen chronisch unterfinanziert ist und der Durchschnittsschüler in maroden und überfüllten Klassenzimmern unterrichtet wird. Sie wollen ein Zwei-Klassen-Bildungssystem: Exzellenz für Wenige, Schmalspurausbildung für den Rest.
Auslesen statt Fördern – so hat die GEW treffend die Bildungspolitik der Landesregierung bezeichnet.
Und dann kommen aus den Kreisen der Landesregierung so brillante Vorschläge, wie der, einen Fonds einzurichten, in den die Energiekonzerne für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken einzahlen und dessen Erlöse dann unter anderem in Bildung und Betreuung investiert werden soll. Das ganze steht dann unter dem Motto „eine strahlende Zukunft für unsere Kinder“.
Dieser Regierung sind wirklich alle Sicherungen durchgebrannt.
EBS
Die European Business School ist im Antrag angesprochen. Immerhin 25 Millionen Euro ist der Landesregierung die exklusive Ausbildung von Kindern reicher Eltern wert, während für die staatlichen Hochschulen kein Geld da ist. Wir brauchen keine staatliche Förderung von elitären Parallelgesellschaften. Wenn Menschen in Schlössern am Rhein studieren wollen, bitteschön, aber nicht auf Kosten der Steuerzahler, deren Kinder mehrheitlich in überfüllten Hörsälen – ohne Schloss, ohne Rhein und ohne Weingut - lernen.
Wir lehnen staatlich subventionierte Standesschulen ab, die von ihren Studierenden 12.000 Euro Studiengebühren im Jahr verlangen.
Aber liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN: Bei der Frage EBS sollten Sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Sie standen in Wiesbaden, als Jamaikaner, nicht an der Spitze des Widerstandes, sondern sind ziemlich schnell eingeknickt. In der Stadt Wiesbaden dafür, im Land dagegen, Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
Bildungsstreik
Über 250.000 Schülerinnen und Schüler, Studierende und Lehrer wehrten sich bundesweit gegen die Zustände und beteiligen sich am Bildungsstreik, auch in Hessen demonstrieren tausende gegen die Bildungspolitik der Landesregierung. Statt sich mit den berechtigten Forderungen auseinanderzusetzen, diffamierten und kriminalisierten Politiker von CDU und FDP die Proteste. Der schulpolitische Sprecher der CDU, Hans-Jürgen Irmer, beschimpfte die Protestierenden während der Plenarsitzung als „nützliche Idioten“ der Linksradikalen. Weder die Regierung noch die Regierungsparteien haben sich von dieser Entgleisung distanziert.
Stattdessen haben die so genannten Liberalen nach den Protesten einiger Studierender auf der Besuchertribüne die Einhaltung parlamentarischer Spielregeln in das Zentrum ihrer Debatte gerückt und verweisen auf den Landtag als verfassungsmäßig geschützten Raum.
Wenn es um das Parlament als geschützten Raum und die Unabhängigkeit der Abgeordneten geht, sollte die FDP sich mal gegen Lobbyismus und Parteigroßspenden engagieren. In der Realität haben die nämlich sehr viel mehr Einfluss auf Regierungshandeln als ein Dutzend protestierende Studierende auf der Tribüne.
Die hessische Landesregierung fordert das bürgerliche Engagement stets ein, aber diffamiert und kriminalisiert es, sobald es nicht der eigenen Meinung entspricht. Dann wird Engagement der Bürger zu einem Sammelbecken für „nützliche Idioten“. Eine hilflose Reaktion auf die breit getragene Protestwelle.
Gewerkschaften
Als LINKE kritisieren wir immer wieder den Umgang der Landesregierung mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften, das ist leider im Grünen Antrag nicht erwähnt, vermutlich, weil die Gewerkschaften auch den Grünen nicht sonderlich am Herzen liegen.
Die Landesregierung hat die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten abgebaut, deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit dem DGB einen Gesetzentwurf für die Novellierung des HPVG in den Landtag eingebracht - um die Verschlechterungen aus 10 Jahren Koch-Regierung zu beseitigen. Was machen CDU und FDP? Nicht mal eine Anhörung haben Sie zugelassen, die Forderungen der Landesbeschäftigten und des DGB waren in Ihren Augen nicht mal würdig, um darüber ausführlicher zu reden und sich die Argumente anzuhören.
In der Operation Düstere Zukunft strichen Sie den Landesbeschäftigten Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammen und erhöhten die Wochenarbeitszeit. Auf die Rückkehr in die TdL warten die Beschäftigten vergebens. Das ist Ihr Umgang mit den Beschäftigten des Landes.
Steuerfahnder
Liebe CDU-Fraktion, ab und an versuchen wir es ja mit Ihnen Gemeinsamkeiten zu finden. Wir brachten einen Antrag zum Haushalt ein, der forderte mehr Steuerfahnder in Hessen einzustellen. Wir dachten, das muss die CDU gut findet, das bringt Geld und noch wichtiger, Gesetze, die müssen ja eingehalten werden, das muss doch kontrolliert werden. Weit gefehlt: Bei der ersten Einbringung sprach der Kollege Milde zu unserer größten Verwunderung von einer „Sauerei“. Wenn man die Einhaltung von Gesetzen fordert und Vorschläge zur besseren Kontrolle macht, dann ist das eine Sauerei?
Da haben wir gelernt, das ist Law and order à la CDU: Die Kleinen zieht man zur Rechenschaft, bei den Großen – bei Ihrer Klientel - schaut man einfach nicht ganz genau hin, wo kein Ermittler, da kein Richter.
Finanzen
Statt sich angesichts von fast 3 Milliarden Euro neuer Schulden mal Gedanken über höhere Einnahmen zu machen, schreiben sich CDU und FDP die Schuldenbremse auf die Fahnen und reden über Steuersenkungen nach der Bundestagswahl. Hilft nichts: 93 Prozent der Bundesbürger geben an, dass sie den Versprechen keinen Glauben schenken und mit Steuererhöhungen sicher rechnen.
Sie halten fest an der neoliberalen Politik, die mit in diese Krise geführt hat. Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung bleiben Ihre Zauberworte. Öffentliche Beschäftigung befürwortet die FDP nur dann, wenn es um ihre Parteimitglieder in Ministerien geht.
Ausländerfeindliche Kampagnen
Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann bedienen Sie ausländerfeindliche Ressentiments,
Sie schüren Vorurteile gegen Muslime und setzen sie pauschal eines Terror-Verdachts aus. „Für Europa – gegen Eurabien“, „Die schleichende Islamisierung Deutschlands und Europas ist in vollem Gange“, „Islamisten erheben Weltherrschaftsanspruch“ – das sind die Hetzparolen Ihres stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und CDU-Rechtaußen Irmer.
Ob in der Energiepolitik und im Umweltschutz, in der Verkehrspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit – überall belegt Hessen bundesweit die hintersten Plätze. Sie verschlafen die Zukunft. Das ist für die Opposition bedauerlich, weil wichtige Argumente einfach im Nichts verhallen und wir wenig zu hören bekommen außer pauschalen Verurteilungen. Für die Menschen im Land ist es eine Tragödie. Nehmen Sie die Anliegen und Sorgen der Menschen endlich ernst, nicht nur die Interessen von E.ON, RWE und Fraport.
Anhörungen
Das tun Sie nicht, indem Sie Anhörungen, wenn Sie sie nicht verhindern können, ignorieren, um am Ende gegen 90 Prozent aller Beiträge von Sachverständigen und Betroffenen zu entscheiden, wie bei der Härtefallkommission.
Damit erweisen Sie dem Bild des Parlaments als einem Ort der sachlichen Debatte um das Wohl der Menschen, um das Sie sonst gerne so besorgt sind, keinen guten Dienst.
Wer so Politik macht, der hat gar keine andere Wahl, als zu Anhörungen Vertreter der eigenen Partei und ihrer Unterorganisationen als unabhängige Sachverständige einzuladen. Da laufen Sie auch nicht Gefahr mit anderen Ansichten belästigt zu werden.
Parlament
Es ist richtig, hier mal über die Umgangsformen zu sprechen, die die Mitglieder der Regierungsfraktionen und der Landesregierung den Mitgliedern dieses Hauses entgegenbringen. Der Geräuschpegel besonders ausgehend von der CDU hat schon viele Besucher schockiert. Sie sind nicht fähig sich mit Fakten und den Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen, die ihrem Weltbild und den Interessen, die Sie hier vertreten, widersprechen.
Ihr Umgang mit der parlamentarischen Opposition – insbesondere der LINKEN – ist von Arroganz und Missachtung geprägt. Sie müssen DIE LINKE pauschal versuchen zu diskreditieren – mit zum Teil absurden Vorwürfen, wo dann aus einer Holzhütte im Kelsterbacher Wald eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung wird und grundlegende soziale Forderungen in Ihren Ohren wie ein Ruf nach dem Wiederaufbau der Berliner Mauer klingen.
Sie sprechen uns ab eine demokratische Partei zu sein und die Verfassung anzuerkennen, während Sie mit Franz-Josef Jung einen Minister nach Berlin geschickt haben, der erklärt, es sei ihm egal, was das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht sagen, wenn er den Abschuss von Flugzeugen für nötig hielte, werde er es anweisen.
Oder Ihre Studierendenorganisation mit einem Vorsitzenden, der die Wiedereinführung des Zensuswahlrechtes fordert, weil den „Leistungsträgern“ auch mehr Entscheidungsrechte zustehen sollen. Wäre der Verfassungsschutz konsequent, müsste er sich mal in den Reihen der CDU umsehen.
Ihr Umgang mit uns Parlamentariern ist das eine, entscheidender aber ist, dass Sie damit einen zumindest nicht unbeachtlichen Teil der Wählerinnen und Wähler diskreditieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich weiß, grün ist die Hoffnung. Aber bis sich Ihre Hoffnungen auf einen „offenen und konstruktiven Dialog“ – wie Sie ihn in Ihrem Antrag fordern - mit einer Regierung unter Roland Koch erfüllen, sind Sie verwelkt. Wir sollten es nicht beim Hoffen belassen, ob solche Anträge helfen.
Und die Tage, in denen die Grünen sich noch als Opposition gegen jene verstanden, die sie als „etablierte Parteien“ bezeichneten, sind schon so lange vorbei,
Regierung braucht Druck
Diese Regierung braucht Druck, von der parlamentarischen Opposition und noch viel mehr von der außerparlamentarischen Opposition. Die nachhaltige Abschaffung der Studiengebühren hat gezeigt, wenn es genug gesellschaftlichen Druck gibt, dann folgen CDU und FDP nicht ihren Überzeugungen, sondern geben klein bei und schreiben die Nicht-Einführung der Studiengebühren sogar im Koalitionsvertrag fest.
Die Arroganz und Beratungsresistenz der Landesregierung wird erst dann abnehmen, wenn der gesellschaftliche Druck zunimmt – vor allem außerhalb des Parlamentes.
Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,
„Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen, und ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen.“
Dieser Satz stammt von einem großen nicht-hessischen Vordenker der Konservativen, nämlich von George W. Bush, er könnte aber auch das Motto der Hessischen Landesregierung sein. Der Ministerpräsident war ja Medienberichten zufolge auch sehr beeindruckt von Bush, als er ihn traf.
Von sich überzeugt und ohne Selbstzweifel, so agiert die Regierung – und das völlig ohne Grund. Fünf Monate ist Ihre Pleiten-, Pech- und Pannen-Regierung jetzt im Amt. Die Bilanz ist fatal, eine Peinlichkeit folgt der nächsten – und das inmitten der tiefsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren.
Sie regieren gegen die Mehrheit der Bevölkerung, Ihre Regierung ist nicht nur unfähig, sie ist vor allem bösartig. Sie vertreten konsequent die Interessen der Reichen und Konzerne auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung, Sie agieren als Anwalt der Starken, die alles haben und noch mehr wollen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Erwerbslosen, die Rentner – was tut die Regierung Koch für sie? Sie wollen die Kosten der Wirtschaftskrise auf die Mehrheit der Bevölkerung abwälzen, statt endlich die zur Kasse zu bitten, die in den letzten Jahren die Profiteure des Aufschwungs waren.
Die Regierung und die sie tragenden Fraktionen legen im Umgang mit der Opposition einen Mangel an Souveränität an den Tag. Verständlich, denn wenn Sie anfangen würden, sich mit den Inhalten der Oppositionsforderungen zu beschäftigen, müssten Sie der Tatsache ins Auge sehen, dass die Mehrheit der Bevölkerung inhaltlich nicht auf Ihrer Seite steht.
Bildungspolitik
Das zeigt sich in der Bildungspolitik, für die Sie 2008 abgewählt wurden. Zwei neue Bildungsministerinnen machen dort weiter, wo ihre Vorgänger aufgehört haben: neue Ideen – Fehlanzeige. Alter Mief statt frischer Wind.
In der Schulpolitik kommt Ihre ideologische Verbohrtheit voll zur Geltung: der Kampf gegen die integrierte Gesamtschule, die Verhinderung der Ganztagsschule, das Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem – das ist Politik von vorgestern.
In Ihrer Schulpolitik sind Sie nicht nur beratungsresistent, viel schlimmer noch, Sie sind erfahrungsresistent. Studien, wissenschaftliche Untersuchungen, Bildungsexperten - davon lassen Sie sich nicht beirren auf dem Weg zum Bildungsland Nummer 16.
Lehrer, Eltern und Schüler rebellieren gegen G8 – die müssen was nicht verstanden haben.
Und kaum wagt es die Ministerin laut über den Schulbesuch für Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus oder die Einführung von islamischen Religionsunterricht nachzudenken - wahrlich keine revolutionären Ideen, sondern in anderen Bundesländern Realität - schon ist der Stahlhelmflügel alarmiert und bekämpft die liberalen Umtrieben – ohne nennenswerten Widerstand der FDP.
Massive Kritik gibt es auch an dem Herzensprojekt der Kultusministerin: Die Selbständige Schule. Juristische Bedenken, pädagogische Zweifel, Kritik von Lehrern und Schulleitern werden einfach weggewischt. Kritische Berichte werden von der liberalen Ministerin zensiert, Karin Wolff lässt grüßen.
Privatschulen werden gefördert und boomen, während das staatliche Schulsystem in Hessen chronisch unterfinanziert ist und der Durchschnittsschüler in maroden und überfüllten Klassenzimmern unterrichtet wird. Sie wollen ein Zwei-Klassen-Bildungssystem: Exzellenz für Wenige, Schmalspurausbildung für den Rest.
Auslesen statt Fördern – so hat die GEW treffend die Bildungspolitik der Landesregierung bezeichnet.
Und dann kommen aus den Kreisen der Landesregierung so brillante Vorschläge, wie der, einen Fonds einzurichten, in den die Energiekonzerne für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken einzahlen und dessen Erlöse dann unter anderem in Bildung und Betreuung investiert werden soll. Das ganze steht dann unter dem Motto „eine strahlende Zukunft für unsere Kinder“.
Dieser Regierung sind wirklich alle Sicherungen durchgebrannt.
EBS
Die European Business School ist im Antrag angesprochen. Immerhin 25 Millionen Euro ist der Landesregierung die exklusive Ausbildung von Kindern reicher Eltern wert, während für die staatlichen Hochschulen kein Geld da ist. Wir brauchen keine staatliche Förderung von elitären Parallelgesellschaften. Wenn Menschen in Schlössern am Rhein studieren wollen, bitteschön, aber nicht auf Kosten der Steuerzahler, deren Kinder mehrheitlich in überfüllten Hörsälen – ohne Schloss, ohne Rhein und ohne Weingut - lernen.
Wir lehnen staatlich subventionierte Standesschulen ab, die von ihren Studierenden 12.000 Euro Studiengebühren im Jahr verlangen.
Aber liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN: Bei der Frage EBS sollten Sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Sie standen in Wiesbaden, als Jamaikaner, nicht an der Spitze des Widerstandes, sondern sind ziemlich schnell eingeknickt. In der Stadt Wiesbaden dafür, im Land dagegen, Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
Bildungsstreik
Über 250.000 Schülerinnen und Schüler, Studierende und Lehrer wehrten sich bundesweit gegen die Zustände und beteiligen sich am Bildungsstreik, auch in Hessen demonstrieren tausende gegen die Bildungspolitik der Landesregierung. Statt sich mit den berechtigten Forderungen auseinanderzusetzen, diffamierten und kriminalisierten Politiker von CDU und FDP die Proteste. Der schulpolitische Sprecher der CDU, Hans-Jürgen Irmer, beschimpfte die Protestierenden während der Plenarsitzung als „nützliche Idioten“ der Linksradikalen. Weder die Regierung noch die Regierungsparteien haben sich von dieser Entgleisung distanziert.
Stattdessen haben die so genannten Liberalen nach den Protesten einiger Studierender auf der Besuchertribüne die Einhaltung parlamentarischer Spielregeln in das Zentrum ihrer Debatte gerückt und verweisen auf den Landtag als verfassungsmäßig geschützten Raum.
Wenn es um das Parlament als geschützten Raum und die Unabhängigkeit der Abgeordneten geht, sollte die FDP sich mal gegen Lobbyismus und Parteigroßspenden engagieren. In der Realität haben die nämlich sehr viel mehr Einfluss auf Regierungshandeln als ein Dutzend protestierende Studierende auf der Tribüne.
Die hessische Landesregierung fordert das bürgerliche Engagement stets ein, aber diffamiert und kriminalisiert es, sobald es nicht der eigenen Meinung entspricht. Dann wird Engagement der Bürger zu einem Sammelbecken für „nützliche Idioten“. Eine hilflose Reaktion auf die breit getragene Protestwelle.
Gewerkschaften
Als LINKE kritisieren wir immer wieder den Umgang der Landesregierung mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften, das ist leider im Grünen Antrag nicht erwähnt, vermutlich, weil die Gewerkschaften auch den Grünen nicht sonderlich am Herzen liegen.
Die Landesregierung hat die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten abgebaut, deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit dem DGB einen Gesetzentwurf für die Novellierung des HPVG in den Landtag eingebracht - um die Verschlechterungen aus 10 Jahren Koch-Regierung zu beseitigen. Was machen CDU und FDP? Nicht mal eine Anhörung haben Sie zugelassen, die Forderungen der Landesbeschäftigten und des DGB waren in Ihren Augen nicht mal würdig, um darüber ausführlicher zu reden und sich die Argumente anzuhören.
In der Operation Düstere Zukunft strichen Sie den Landesbeschäftigten Weihnachts- und Urlaubsgeld zusammen und erhöhten die Wochenarbeitszeit. Auf die Rückkehr in die TdL warten die Beschäftigten vergebens. Das ist Ihr Umgang mit den Beschäftigten des Landes.
Steuerfahnder
Liebe CDU-Fraktion, ab und an versuchen wir es ja mit Ihnen Gemeinsamkeiten zu finden. Wir brachten einen Antrag zum Haushalt ein, der forderte mehr Steuerfahnder in Hessen einzustellen. Wir dachten, das muss die CDU gut findet, das bringt Geld und noch wichtiger, Gesetze, die müssen ja eingehalten werden, das muss doch kontrolliert werden. Weit gefehlt: Bei der ersten Einbringung sprach der Kollege Milde zu unserer größten Verwunderung von einer „Sauerei“. Wenn man die Einhaltung von Gesetzen fordert und Vorschläge zur besseren Kontrolle macht, dann ist das eine Sauerei?
Da haben wir gelernt, das ist Law and order à la CDU: Die Kleinen zieht man zur Rechenschaft, bei den Großen – bei Ihrer Klientel - schaut man einfach nicht ganz genau hin, wo kein Ermittler, da kein Richter.
Finanzen
Statt sich angesichts von fast 3 Milliarden Euro neuer Schulden mal Gedanken über höhere Einnahmen zu machen, schreiben sich CDU und FDP die Schuldenbremse auf die Fahnen und reden über Steuersenkungen nach der Bundestagswahl. Hilft nichts: 93 Prozent der Bundesbürger geben an, dass sie den Versprechen keinen Glauben schenken und mit Steuererhöhungen sicher rechnen.
Sie halten fest an der neoliberalen Politik, die mit in diese Krise geführt hat. Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung bleiben Ihre Zauberworte. Öffentliche Beschäftigung befürwortet die FDP nur dann, wenn es um ihre Parteimitglieder in Ministerien geht.
Ausländerfeindliche Kampagnen
Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann bedienen Sie ausländerfeindliche Ressentiments,
Sie schüren Vorurteile gegen Muslime und setzen sie pauschal eines Terror-Verdachts aus. „Für Europa – gegen Eurabien“, „Die schleichende Islamisierung Deutschlands und Europas ist in vollem Gange“, „Islamisten erheben Weltherrschaftsanspruch“ – das sind die Hetzparolen Ihres stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und CDU-Rechtaußen Irmer.
Ob in der Energiepolitik und im Umweltschutz, in der Verkehrspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit – überall belegt Hessen bundesweit die hintersten Plätze. Sie verschlafen die Zukunft. Das ist für die Opposition bedauerlich, weil wichtige Argumente einfach im Nichts verhallen und wir wenig zu hören bekommen außer pauschalen Verurteilungen. Für die Menschen im Land ist es eine Tragödie. Nehmen Sie die Anliegen und Sorgen der Menschen endlich ernst, nicht nur die Interessen von E.ON, RWE und Fraport.
Anhörungen
Das tun Sie nicht, indem Sie Anhörungen, wenn Sie sie nicht verhindern können, ignorieren, um am Ende gegen 90 Prozent aller Beiträge von Sachverständigen und Betroffenen zu entscheiden, wie bei der Härtefallkommission.
Damit erweisen Sie dem Bild des Parlaments als einem Ort der sachlichen Debatte um das Wohl der Menschen, um das Sie sonst gerne so besorgt sind, keinen guten Dienst.
Wer so Politik macht, der hat gar keine andere Wahl, als zu Anhörungen Vertreter der eigenen Partei und ihrer Unterorganisationen als unabhängige Sachverständige einzuladen. Da laufen Sie auch nicht Gefahr mit anderen Ansichten belästigt zu werden.
Parlament
Es ist richtig, hier mal über die Umgangsformen zu sprechen, die die Mitglieder der Regierungsfraktionen und der Landesregierung den Mitgliedern dieses Hauses entgegenbringen. Der Geräuschpegel besonders ausgehend von der CDU hat schon viele Besucher schockiert. Sie sind nicht fähig sich mit Fakten und den Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen, die ihrem Weltbild und den Interessen, die Sie hier vertreten, widersprechen.
Ihr Umgang mit der parlamentarischen Opposition – insbesondere der LINKEN – ist von Arroganz und Missachtung geprägt. Sie müssen DIE LINKE pauschal versuchen zu diskreditieren – mit zum Teil absurden Vorwürfen, wo dann aus einer Holzhütte im Kelsterbacher Wald eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung wird und grundlegende soziale Forderungen in Ihren Ohren wie ein Ruf nach dem Wiederaufbau der Berliner Mauer klingen.
Sie sprechen uns ab eine demokratische Partei zu sein und die Verfassung anzuerkennen, während Sie mit Franz-Josef Jung einen Minister nach Berlin geschickt haben, der erklärt, es sei ihm egal, was das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht sagen, wenn er den Abschuss von Flugzeugen für nötig hielte, werde er es anweisen.
Oder Ihre Studierendenorganisation mit einem Vorsitzenden, der die Wiedereinführung des Zensuswahlrechtes fordert, weil den „Leistungsträgern“ auch mehr Entscheidungsrechte zustehen sollen. Wäre der Verfassungsschutz konsequent, müsste er sich mal in den Reihen der CDU umsehen.
Ihr Umgang mit uns Parlamentariern ist das eine, entscheidender aber ist, dass Sie damit einen zumindest nicht unbeachtlichen Teil der Wählerinnen und Wähler diskreditieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich weiß, grün ist die Hoffnung. Aber bis sich Ihre Hoffnungen auf einen „offenen und konstruktiven Dialog“ – wie Sie ihn in Ihrem Antrag fordern - mit einer Regierung unter Roland Koch erfüllen, sind Sie verwelkt. Wir sollten es nicht beim Hoffen belassen, ob solche Anträge helfen.
Und die Tage, in denen die Grünen sich noch als Opposition gegen jene verstanden, die sie als „etablierte Parteien“ bezeichneten, sind schon so lange vorbei,
Regierung braucht Druck
Diese Regierung braucht Druck, von der parlamentarischen Opposition und noch viel mehr von der außerparlamentarischen Opposition. Die nachhaltige Abschaffung der Studiengebühren hat gezeigt, wenn es genug gesellschaftlichen Druck gibt, dann folgen CDU und FDP nicht ihren Überzeugungen, sondern geben klein bei und schreiben die Nicht-Einführung der Studiengebühren sogar im Koalitionsvertrag fest.
Die Arroganz und Beratungsresistenz der Landesregierung wird erst dann abnehmen, wenn der gesellschaftliche Druck zunimmt – vor allem außerhalb des Parlamentes.