Rede zur Regierungserklärung des Ministerpeäsidenten R. Koch

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

 

Alles deutet darauf hin, dass wir auf die tiefste Wirtschaftskrise nach dem zweiten Weltkrieg zusteuern. Die optimistischsten Prognosen gehen von einem Schrumpfen des deutschen In-landsproduktes von 2,5 Prozent im laufenden Jahr aus. Pessimisten erwarten ein Minus von vier Prozent. Das ist der schärfste und tiefste Absturz in der Geschichte der Bundesrepublik. EU-weit werden bis Jahresende voraussichtlich 25 Millionen Menschen arbeitslos sein. In Deutschland verzeichnen die Suppenküchen und Armenspeisungen Rekordzulauf. Viele Men-schen sind verunsichert und haben Angst um ihren Arbeitsplatz.

Mittlerweile sind hunderttausende Angestellte besonders in der Metall- und Chemiebranche auf Kurzarbeit gesetzt. Danach erwartet viele der Betroffenen ein Leben von 60 Prozent ihres Einkommens. Alle Versuche der Regierungen, der Krise beizukommen, sind bis jetzt verpufft. Die 480 Milliarden für die deutschen Banken haben nicht einmal dazu geführt, den Kredit-handel wieder zu beleben. Wie beim Domino erfasst die Krise eine Branche nach der anderen. Gerade die deutsche Wirtschaft, die seit Jahrzehnten auf den Export getrimmt wurde, wird von der Krise besonders getroffen

Die jetzige Krise hat globale Ausmaße, wir erleben eine Weltwirtschaftskrise, wie sie sich niemals ereignen sollte, wenn es nach den Lehren der liberalen Ökonomen ginge. Den Men-schen wird wie in jedem Konjunkturabschwung erzählt, der Aufschwung komme im nächsten Quartal oder vielleicht schlimmstenfalls dann Ende des Jahres. Das ist Schönrednerei und verkennt die Situation.

Diese Krise ist nicht dem Versagen einzelner Manager geschuldet, sie ist das Versagen des kapitalistischen Systems. Der Kapitalismus ist ein instabiles Krisensystem, die Anarchie des Marktes führt immer wieder zu Chaos, Zerstörung und Kriegen. Es ist kein Fehler im System, der behoben werden kann, das System selbst ist der Fehler.

 

Herr Ministerpräsident, Sie sprachen von Verantwortung und Solidarität gegenüber dem Ge-meinwesen. Das sollten wir in der Tat einfordern.

In Zeiten wie diesen ist es doch der Gipfel der Unverschämtheit, wenn sich Unternehmen, die in Milliardenhöhe Steuergelder annehmen, Boni-Zahlungen und Dividenden-Ausschüttungen gönnen.

Aber Ihre Regierung ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Ihre Politik hat mit in diese Krise geführt. Ihr Koalitionsvertrag könnte unter dem Motto stehen: „Mit Rezepten von ge-stern in die Krise von morgen".

 

Arbeitsplätze sichern

Herr Ministerpräsident, Sie haben im Wahlkampf versprochen, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen, dazu findet sich in Ihrer Regierungserklärung nichts. Was sagen Sie den Menschen, die in den kommenden Monaten zu zehntausenden von Firmenpleiten, Entlassungen und Kurzarbeit betroffen sein werden? Was machen Sie im Falle von eds und MAN? Wo ist denn der kämpfende Roland Koch, nachdem der Wahlkampf vorbei ist?

In den kommenden betrieblichen Auseinandersetzungen wird DIE LINKE an Seiten der Be-schäftigten stehen und mit ihnen um den Erhalt jedes Arbeitsplatzes kämpfen. Ich bin ge-spannt, ob wir Sie, Herr Ministerpräsident, dann vor den Werkstoren antreffen werden.

 

Privatisierung

Und wie wollen Sie diesen Kampf mit den anhaltenden Bemühungen Ihrer Regierung in Ein-klang bringen, öffentliches Eigentum zu verschleudern und die öffentliche Daseinsvorsorge zu privatisieren? An diesem Kurs wollen Sie festhalten, obwohl er in den vergangenen Jahren 10.000 Stellen beim Land Hessen direkt und eine unbekannte Zahl in privatisierten Unter-nehmen gekostet hat. Ihre Regierung hat in den letzten Jahren Arbeitsplätze vernichtet, nicht gerettet.

Auf der Homepage der Hessischen Staatskanzlei wird noch immer verkündet: ZITAT: „... die Privatisierung staatlicher Aufgaben ist eines der wichtigsten Ziele der Verwaltungsreform."

Der Aufbruch in Zeiten der Krise, den Sie ankündigen, ist nicht erkennbar, Was Sie hier aus-führen, ist der Aufbruch in die nächste Krise.

 

Landesbeschäftigte

Wer der drohenden Lawine von Firmenpleiten und Massenentlassungen etwas entgegensetzen will, muss den öffentlichen Dienst ausbauen.

Hätte Deutschland eine Beschäftigtenquote im öffentlichen Dienst wie etwa Dänemark oder Schweden - wir hätten über vier Millionen Arbeitsplätze mehr.

Jetzt wollen Sie 2.500 Lehrer einstellen - aber auf Kosten anderer Bereiche, wo Sie Arbeits-plätze abbauen wollen, denn die Gesamtzahl der Beschäftigten soll ja nicht steigen.

Mit rund 600 Millionen Euro jährlich ließen sich über 10.000 zusätzliche Stellen beim Land Hessen finanzieren, die dringend benötigt werden in den Öffentlichen Verwaltungen, im so-zialen und Gesundheitsbereich und bei der Bildung.

Wir brauchen eine ordentliche Tariferhöhung bei den Landesbeschäftigten und die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder. Mit Erstaunen habe ich vernommen, dass Sie gerade konstruktiv und zielorientiert mit den Gewerkschaften verhandeln. Das sehen die Betroffenen aber offensichtlich anders, sonst wären sie in der letzten Woche nicht zu tausenden in den Warnstreik getreten.

DIE LINKE solidarisiert sich mit dem Kampf der Landesbeschäftigten und ihrer Gewerk-schaften für 8% mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen.

Der Ausbau des Öffentlichen Dienstes und eine drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, das wären richtige Antworten auf Kurzarbeit und Massenent-lassungen.

 

Konjunkturpakete

Herr Ministerpräsident, Sie sprechen von notwendigen „Feuerwehreinsätzen" des Staates. Es hilft aber nichts die Feuerwehr zu spielen, wenn man selbst andauernd neue Brände legt.

Sie fordern „funktionierende Feuermelder". Aber die Feuermelder funktionieren doch, die schrillen doch schon lange.

Statt kurzfristiger Konjunkturpakete, brauchen wir langfristige Investitionen in öffentliche Daseinsvorsorge und in Beschäftigung.

Einer aktuellen Umfrage nach lehnen die Menschen das Konjunkturpaket der Bundesregie-rung mehrheitlich ab. Was haben die 500.000 Niedriglöhner in Hessen von Abwrackprämien? Als ob die sich dann ein neues Auto leisten könnten.

Sie setzen weiter auf eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, und was Sie jetzt „anti-zyklisch" nennen, ist ein schwaches Husten gegen den Sturm, der über die Wirtschaft und die Arbeitsplätze des Landes fegt.

Das hessische Konjunkturpaket zieht großenteils nur Investitionen vor, die ohnehin geplant waren. Nötig wären sie bereits vor Jahren gewesen. An den tatsächlichen Investitionsbedarf reicht das bisherige Paket aber nicht einmal ansatzweise heran.

Was wir brauchen ist eine langfristige Stärkung der Investitionskraft der Kommunen und der Massenkaufkraft. Die Binnennachfrage muss erhöht werden, durch Lohnsteigerungen, durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, armutsfeste Renten und der Abschaffung der unsäglichen Hartz-Gesetze.

 

Steuersenkungen

Steuererleichterungen nutzt einem Drittel aller Einkommensbezieher gar nichts, weil sie zu wenig verdienen, um in erheblichem Umfang Lohnsteuern zu zahlen.

Die andauernde Forderung der FDP nach Steuersenkungen ist auch gerade in Zeiten milliar-denschwerer Konjunkturpakete völlig verfehlt und mit ausgeglichenen Haushalten nicht in Einklang zu bringen. In Zeiten wie diesen muss sich auch Ihre Klientel ausnahmsweise mal an den gesellschaftlichen Aufgaben beteiligen, verehrte Kollegen von der Fraktion der Frauen-freien Demokraten.

 

Schuldenbremse

Und es ist illusorisch anzunehmen, bis 2012 ließe sich der Landeshaushalt konsolidieren. Die Schuldenbremse, die sich alle Parteien außer der LINKEN auf die Fahnen geschrieben haben, entzieht den demokratisch gewählten Parlamenten ein zentrales Recht, nämlich das Budget-recht. Sie wird sich nur umsetzen lassen, wenn Sie auf Bundes- wie auf Landesebene endlich einmal etwas tun würden, was sie in den vergangenen Jahren gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser, nämlich die Einkommen derer zur Kasse zu bitten, die in guten wie in schlechten Zeiten den Rahm der deutschen Volkswirtschaft abschöpfen. Ohne eine Millio-närssteuer, ohne Vermögens- und Erbschaftssteuern, die diesen Namen verdienen, ohne eine Besteuerung der Unternehmen und des Finanzsektors wenigstens auf europäischem Durch-schnittsniveau werden sich die öffentlichen Haushalte nicht ausgleichen lassen.

Leere Kassen sind auch kein Naturwunder: Auf wie viel Steuereinnahmen muss Hessen jedes Jahr verzichten aufgrund einer Unternehmenssteuerreform, an der Sie tatkräftig mitgearbeitet haben? Hat da jemand gefragt, wie das gegenfinanziert wird?

 

Die entscheidende Frage ist doch: Wer zahlt für diese Krise?

Diese Krise darf nicht auf dem Rücken derer abgewälzt werden, die schon vom Aufschwung nichts hatten: die Arbeitnehmer, die Arbeitslosen und die Rentner.

Jetzt müssen die Profiteure der letzten Jahre zahlen. Herr Ministerpräsident, Sie sprachen von der „Gier einiger Weniger, die unter Ausblendung der Risiken horrende Spekulationsgewinne" erzielt haben. Dann ziehen Sie diese horrenden Gewinne doch heran zur Finanzierung staatlicher Investitionsprogramme. Allein die Einführung der Vermögenssteuer und einer Mil-lionärsabgabe würde bundesweit über 100 Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen bringen.

Es ist doch niemandem zu vermitteln, dass Mehrwertsteuer auf Brot erhoben wird, aber eine Börsenumsatzsteuer angeblich unzumutbar sei.

DIE LINKE unterstützt die Demonstrationen am 28.3., die unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise" stattfinden. Nur wenn Menschen massenhaft auf die Straße gehen, können wir verhindern, dass für die Krise wieder die geradestehen müssen, die schon vom Aufschwung nichts hatten.

 

Verstaatlichungen

Wir erleben derzeit umfangreiche staatliche Eingriffe in die Wirtschaft. Dabei steht aber nicht die Sorge um die Lebensbedingungen der Menschen im Vordergrund, sondern mehr die Sorge um die Aktionäre.

Milliardenverluste werden auf die Allgemeinheit abgewälzt.

 

ZITAT „... das Vermögen der gesamten Gesellschaft, welche die Regierung vertritt, hat die Verluste der privaten Kapitalisten zu vergüten. Diese Art Kommunismus, wo die Gegensei-tigkeit völlig einseitig ist, erscheint den europäischen Kapitalisten ziemlich anziehend."

Das schrieb Karl Marx 1857 und es könnte von heute sein.

 

Der Bund steigt bei der Commerzbank ein und zahlt 18 Milliarden für eine 25prozentige Be-teiligung an einem Unternehmen, das nur noch drei Milliarden wert ist. Und was macht die Commerzbank? Baut 7.000 Arbeitsplätze ab! Und die Bundesregierung erklärt, sie wolle kei-nen Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen. Das ist eine staatliche Förderung von Arbeits-platzabbau und ein Missbrauch von Steuergeldern.

Und Sie werfen der LINKEN vor, wir könnten nicht wirtschaften. Wer bitte ist denn so ver-rückt, Geld in ein Unternehmen zu stecken und dann freiwillig auf jedes Mitspracherecht zu verzichten? Das würden Sie doch mit ihren eigenen Privatunternehmen nie tun.

 

DIE LINKE fordert: Keine öffentlichen Mittel ohne öffentliche Kontrolle.

Wenn die betroffenen Bundesländer mit Steuergeldern bei Opel einsteigen, dann nur unter der Bedingung, dass es eine Arbeitsplatz- und Lohngarantie für die Beschäftigten gibt. Das Land muss die Mitbestimmung der Beschäftigten stärken und Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen.

Zwei Drittel der Bundesbürger und eine deutliche Mehrheit der Anhänger von CDU und FDP finden eine Verstaatlichung des Bankensektors richtig. Er muss unter demokratische Kontrolle gestellt und dem Gemeinwohl verpflichtet werden.

DIE LINKE tritt ein für eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft. Eigentumsverhältnisse sind immer auch Machtverhältnisse. Wir wollen eine Wirtschaft, die dem Wohle der Men-schen dient - nicht umgekehrt.

 

Armut

In Ihrer Regierungserklärung erwähnen Sie mit keinem Wort die zunehmende Armut, unter der bereits jetzt viele Menschen in Hessen, besonders Kinder, leiden und die im Zuge der Kri-se noch stark ansteigen wird.

Daher ist es nur konsequent, dass Ihre Regierung das Sozialministerium als solches aufgelöst hat. Im neuen Kabinett Koch spielt das Soziale nun auch ganz offiziell keine Rolle mehr. Sie wollen weiter die Starken stärken, die große Mehrheit der Lohnabhängigen, öffentlichen Be-schäftigten und der prekär Angestellten hat das Nachsehen. Ihr Koalitionsvertrag ist auch in dieser Hinsicht ein Armutszeugnis.

 

Jetzt wollen Sie einen Antrag „Kinderlachen ist Zukunftsmusik" in den Bundesrat einbringen. Wer Kindern zumutet von Hartz IV Regelsätzen zu leben, die 2,30 für Essen und Trinken pro Tag vorsehen, dem liegt wohl herzlich wenig an dem Lachen der Kinder.

Hartz IV haben Sie alle gemeinsam beschlossen. Jetzt haben Sie es schwarz auf weiß: Die Regelsätze für Kinder sind laut Bundessozialgericht verfassungswidrig. Dass Kinder nicht für weniger als drei Euro zu ernähren sind, hätte man auch vor diesem Urteil wissen können. Es ist ein Skandal, wenn in einem der reichsten Länder der Welt jedes sechste Kind in Armut lebt.

 

 

Rot-Grün

Das Auseinanderklaffen von Arm und Reich erleben wir verschärft seit 1998, als die rot-grüne Bundesregierung ihre Geschäfte aufnahm.

Und wenn SPD und Grüne heute die Auswüchse der Spekulation beklagen und neue Transpa-renzregeln für den Finanzsektor einfordern, sollten Sie sich daran erinnern, dass es Ihre Par-teifreunde waren, die den Grundstein dafür gelegt haben. Mit dem vierten Finanzmarktförde-rungsgesetz wurde der Börsenhandel erst nach angelsächsischem Vorbild liberalisiert, den Investmentfonds ihr Geschäft erleichtert und Leerverkäufe legalisiert. In Deutschland gäbe es keine Hedge Fonds, wenn Rot-Grün ihnen 2005 nicht die Tür geöffnet hätte. Wir können uns alle noch an die Aufforderungen der Schröder-Fischer-Regierung an die deutsche Bevölke-rung erinnern, doch risikofreudiger zu werden. Was sagen Sie heute den Menschen, die Ihre Altersvorsorge an den internationalen Finanzmärkten verloren haben, weil Sie die gesetzliche Rente ausgehöhlt haben? Für diese Menschen gibt es keine Rettungsschirme, die rettet keiner.

 

Und jetzt fordert die SPD den gesetzlichen Mindestlohn. Herr Schäfer-Gümbel, wer ist ei-gentlich der Adressat für Ihre Forderung?

Die SPD ist doch seit 10 Jahren in der Bundesregierung, setzen Sie ihn doch durch. In den letzten Jahren haben Sie im Bundestag dreimal gegen den Antrag der LINKEN gestimmt, den gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.

Und wer heute über das Wachsen des Niedriglohnsektors klagt und über die Ausweitung der Leiharbeit, der sollte sich auch erinnern, wer den Arbeitsmarkt liberalisiert hat, wer Hartz IV einführte und den Ausbau des Niedriglohnsektors zu einem der zentralen Ziele seiner Regie-rung machte.

Im Wahlkampf haben Sie den Slogan, „Krise braucht Gerechtigkeit" plakatiert. Die SPD in der Bundesregierung hat es nicht mal geschafft in Zeiten des Aufschwungs soziale Gerechtig-keit durchzusetzen.

Herr Schäfer-Gümbel, überzeugen Sie doch als erstes mal Ihren Genossen Finanzminister und Ihren Parteivorsitzenden von dem, was Sie hier vorgetragen haben.

 

Ökologie

Herr Ministerpräsident, Sie sprachen von der Bewahrung der Schöpfung als einer Kernaufga-be Ihrer Verantwortung. Ich habe den Eindruck, Sie meinten wohl eher die Wertschöpfung, der ordnen Sie ja alles unter.

Sie missbrauchen die Wirtschaftskrise für ein Comeback von Kohle und Atom. Die Lobbyis-ten dürfen sich freuen, Sie bedienen die Interessen von EON und RWE, die auf Kosten von Umwelt und Verbrauchern wirtschaften.

Und wenn man an Ihr Projekt „Bildungsland Nummer Eins" denkt, klingt Ihre Ankündigung zur Energiepolitik wie eine Drohung.

DIE LINKE will die Energiewende und bezahlbare Preise. Das darf nicht von den Profitinter-essen der großen Energiekonzerne blockiert werden.

 

Wir lösen die Wirtschaftskrise nicht dadurch, dass wir die Klimakrise verschärfen. Das tun Sie durch die Fortführung einer verfehlten Verkehrspolitik. Statt die Schiene zu fördern, setzen Sie auf neue Autobahnen und den Ausbau der Flughäfen.

Trotz sinkender Passagierzahlen und Einbrüchen bei der Fracht treiben Sie den Ausbau des Frankfurter Flughafens vorantreiben. Sie haben in Ihrer Rede davon gesprochen das Erbe der Brüder Grimm bewahren zu wollen. Mit Ihrem Märchen von den 40.000 Arbeitsplätzen, die durch den Flughafenausbau entstehen sollen, stellen Sie sich ja in die Tradition der Grimms.

 

Bildung

Auch in der Bildungspolitik sind Ihre Rezepte die alten, trotz PISA und IGLU-Studie.

Sie verfahren nach dem Motto: Die Medizin verschlechtert den Zustand des Patienten, dann verabreichen wir die doppelte Dosis.

Statt Bildungsland Nummer Eins ist Hessen Bildungsnotstandsland.

 

Das Grundproblem im deutschen Bildungssystem ist, dass Bildung abhängig von der sozialen Herkunft des Kindes ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Akademikerkind ein Gymnasium besucht ist hierzulande 6,9-mal so hoch wie die des Facharbeiterkindes. Das wird durch das dreigliedrige Schulsystem noch verstärkt, es gibt eben keine ausreichende Durchlässigkeit zwischen den Schulformen.

Ihre Regierung will an dem vielgliedrigen Schulsystem und der frühen Auslese von Kindern festhalten. DIE LINKE fordert eine Schule für alle Kinder bis zur 10. Klasse. Wir wollen in-dividuelle Förderung für alle Kinder und kein normiertes Lernen.

Es ist ja schön, dass die Regierung jetzt plant die Klassengrößen reduzieren, den Antrag der LINKEN dazu haben Sie ja im letzten Jahr abgelehnt. Aber Sie nennen keine konkreten Zah-len, an denen man Sie messen kann.

 

CDU und FDP planen Schulen in Zukunft wie Wirtschaftsunternehmen zu führen, Schulen sind aber keine Wirtschaftsbetriebe und Bildung ist keine Ware. Und Schulleiter sind Päda-gogen, keine Manager.

Ihrem Konzept der selbstständigen Schule stellen wir die demokratische Schule entgegen, in der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer gemeinsam entscheiden.

 

Bildung ist in Deutschland chronisch unterfinanziert. Um nur den OECD-Mittelwert zu errei-chen, müssten jährlich rund 21 Mrd. Euro mehr bereitstellen. In Deutschland liegt der Anteil öffentlicher Bildungsausgaben bei 4,5 % vom BIP, in Hessen bei nur 3%, das ist der letzte Platz unter den Flächenländern.

Sie sparen die Bildung kaputt in Zeiten, in denen in Windeseile Milliarden für Banken organi-siert und Konjunkturprogramme aufgelegt werden können.

Herr Ministerpräsident, Sie sagen, junge Menschen sollen befähigt werden eine Lehrstelle zu finden, das geht ja nun völlig am tatsächlichen Problem vorbei.

Nicht die jungen Menschen müssen dazu befähigt werden, die Unternehmen müssen ver-pflichtet werden. Auf Freiwilligkeit hat die Politik lange genug gesetzt.

In Deutschland stehen 1,5 Millionen Jugendliche unter 25 Jahren ohne berufliche Erstausbil-dung da, zwei Drittel der Unternehmen in Hessen bilden nicht aus.

Wir erleben eine tiefe Wirtschaftskrise, der auch Ausbildungsplätze zum Opfer fallen werden. Die Lebenschancen von jungen Menschen dürfen nicht konjunkturabhängig sein, deshalb for-dert DIE LINKE ein Grundrecht auf Ausbildung.

DIE LINKE hat die Bildungsproteste und Schülerstreiks in den letzten Monaten unterstützt und ich hoffe, dass auch in diesem Jahr viele Schüler, Studierende und Eltern auf die Straße gehen, um Ihrer Regierung Druck zu machen und eine sozial gerechte Bildungspolitik durch-zusetzen. Die Studierenden haben vorgemacht, wie es geht. Die Abschaffung der Studienge-bühren war ihr Erfolg.

 

Ja, wir wollen einen Systemwechsel. Wir wollen eine Gesellschaft in der die Menschen vor Profiten stehen, deshalb treten wir ein für eine demokratische, sozialistische Gesellschaft.

Deshalb werden wir in den nächsten fünf Jahren eine antikapitalistische Oppositionspolitik in diesem Landtag machen. Gegen eine Koalition aus Marktradikalen mit einem Ministerpräsi-denten, der nicht davor zurückschreckt ausländerfeindliche Ressentiments zu schüren, wenn es um seinen Posten geht. Sie reden von einer Kultur des Miteinanders, wenn es Ihnen ernst ist, dann entschuldigen Sie sich endlich bei den Migrantinnen und Migranten, dafür dass Sie Wahlkämpfe auf deren Rücken ausgetragen haben.

DIE LINKE versteht sich in diesem Parlament als Sprachrohr der sozialen Bewegungen. Ge-sellschaftlicher Druck wird nötig sein, damit die nächsten fünf Jahre keine verlorenen Jahre für Hessen werden.

Das ist dringend nötig, denn die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass für gesellschaftli-chen Fortschritt eben nicht nur entscheidend ist, wer regiert, sondern auch wer opponiert und vor allem, wie opponiert wird.