Regierungen dürfen nicht käuflich sein - Einführung eines Sponsoringberichts

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

in den letzten Wochen war Polit-Sponsoring in aller Munde. Parteien vermieten Standflächen auf Parteitagen an Unternehmen, auch mal den Ministerpräsidenten oder gleich das ganze Kabinett, wahlweise für Fotos oder für vertrauliche Gespräche.

DIE LINKE fordert seit langem, Parteispenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden zu verbieten, auch wenn das manch einem Minister die Auswahl seiner Reisedelegationen erschweren würde.
Aber nicht nur Parteien werden gesponsert, auch Ministerien und Behörden, nachzulesen im Sponsoringbericht der Bundesregierung.

Die Gesamtsumme der im Bericht genannten Sponsoringleistungen beläuft sich auf 78 Millionen Euro. Der Bericht weist darauf hin, dass die Einnahmen im Verhältnis zum Gesamtetat von marginaler Bedeutung seien, dass aber viele Projekte ohne die Sponsorengelder nicht hätten stattfinden können. Und die Summe hat sich in den letzten Jahren vervielfacht. Hier ein Fest, da eine Tagung, dort eine Kampagne: Ministerien lassen sich ihre Öffentlichkeitsarbeit immer öfter von der Wirtschaft finanzieren vor allem zur Unterstützung von kulturellen Veranstaltungen, Ehrungen und Preisverleihungen.

Wenn man sich das Sponsoring im Einzelnen anschaut, ist das skurril bis bedenklich: Das Bundespräsidialamt lässt sich die Sommerfeste von BMW, Warsteiner, E.on und Daimler finanzieren, die PIN AG gab Mittel für den Tag der offenen Tür beim Bundesrat, den Empfang des Auswärtigen Amtes zum Tag der Deutschen Einheit bezuschussten Ratiopharm, die Commerzbank und Fraport. Das Weihnachts-Oratorium sponserte Lidl, bekannt für Nächstenliebe insbesondere gegenüber seiner Mitarbeiter.

Das G8 Umweltministertreffen wurde von BMW finanziert, wer wundert sich da noch über die Ergebnisse, wenn auch die Kampagne zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt von Arcandor, VW und der Lufthansa mitfinanziert wird.

Die Rüstungslobby finanzierte den Ball des Heeres und den Ball der Luftwaffe, und das Verteidigungsministerium lässt sich regelmäßig Empfänge, Bälle und Essen vom Rüstungskonzern EADS bezahlen, zugleich einer der größten Auftragnehmer des Verteidigungsministeriums.

Dabei müssen die Ministerien laut Sponsoring-Vorschrift „schon jeden Anschein fremder Einflussnahme vermeiden“. Denn Regierungsstellen sind der Neutralität verpflichtet und werden deshalb eigentlich aus Steuergeldern finanziert.

Laut Bundesinnenministerium ist Sponsoring die „Einbeziehung der Gesellschaft“ in das Verwaltungshandeln. Angesichts der Liste der Sponsoren ist es schon bemerkenswert, was das Innenministerium unter der „Gesellschaft“ versteht.

Der Bundesrechnungshof beurteilt diese Praxis als sehr fragwürdig. Der Bundesrechnungshof empfahl bereits 2002 „möglichst grundsätzlich“ auf die Gaben der Wirtschaft zu „verzichten“. Bereits der „Anschein finanzieller Abhängigkeit“ könne „das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung erschüttern“. Und er warnte: Sponsoring könne „in den Bereich der Bestechung und Bestechlichkeit“ führen.

Wir teilen die Meinung des Bundesrechnungshofes. Ministerien sollten für ihre Ausgaben selber aufkommen. Sonst entstehen Bindungen, die auch in politische Entscheidungen münden können. Deshalb fordern wir ein Ende des Regierungssponsorings.

Warum werden Regierungen überhaupt von der Wirtschaft gesponsert? Sponsoring von Ministerien und Behörden stellen einen Graubereich dar, der intransparent ist und Interessenverflechtungen fördert. Das kritisieren auch Organisationen wie LobbyControl.

Denn Unternehmen spenden nicht aus reiner Wohltätigkeit. Durch Sponsoring wollen sie eine öffentlichkeitswirksame Darstellung durch Nennung des Namens, der Firma und der Marke erreichen.
Natürlich ist es erfreulich, wenn sich Unternehmen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen, deshalb sollen sie ja auch höhere Steuern zahlen. Dann kann nämlich in Parlamenten demokratisch festgelegt werden, wofür das Geld sinnvollerweise ausgegeben wird und nicht die Deutsche Bank entscheiden, wo sie denn gerne ihren Firmenschriftzug lesen möchte.

Auch in Hessen tauchen Firmenlogos bei Veranstaltungen und Kampagnen der Landesregierung auf. Die Landesregierung täte gut daran, ihre Sponsoren in einem eigenen Bericht offenzulegen.

Meine Fraktion hat vor kurzem eine öffentliche Anhörung im Landtag zum Thema Lobbyismus beantragt, das wurde von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Das spricht für sich.

Wir brauchen mehr Transparenz, deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD, einen solchen Bericht für Hessen einzuführen, in dem aufgeführt wird, welche natürlichen und juristischen Personen als Sponsoren von staatlichen Leistungen, Veranstaltungen, Wettbewerben und Reisen tätig werden. Das gibt es auf Bundesebene und in einigen Bundesländern bereits.

Die mangelnde Transparenz ist problematisch, aber das Grundproblem liegt in der Praxis selbst. Die muss geändert werden.