Nachtverbot, Durchfahrverbot, Anliegerverbot – Posch in Not

Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,

es ist immer eine Aktuelle Stunde wert, die Verkehrspolitik dieser Landesregierung zu diskutieren.
Die Landesregierung stützt sich auf Fraktionen, die eine pauschale Erhöhung des Verkehrsvolumens als wichtige Stütze von Wachstum und Arbeitsplätzen verstehen. Und sie tut alles in ihrer Macht Stehende, um die Menschen in der Region um den Frankfurter Flughafen 24 Stunden am Tag einer unerträglichen und gesundheitsschädigenden Lärmbelastung auszusetzen.
Und die undifferenzierte Förderung des Straßenverkehrs schlägt sich auch im Vorgehen der Regierung und des zuständigen Ministers, Herrn Posch, im Umgang mit den Anwohnern der B 252 nieder.
Die Position des Herrn Ministers zur Verkehrs- und Umweltpolitik ist klar. Umso unglaubwürdiger ist sein jetziger Versuch, sich als Anwalt der geplagten Anwohner der Bundesstraße aufzuspielen.
Gerade nachdem Herrn Poschs Kanzlei noch vor zwei Jahren die gerichtliche Klage von Spediteuren gegen Fahrverbote auf der B 252 vertreten hat, nach Darstellund des Naturschutzbundes und der betreffenden Spedition.

Denn wer in dieser Angelegenheit tatsächlich in Not ist, ist ja leider nicht Herr Posch. Den Herrn Minister treffen die Verkehrsprobleme nur in Form seiner sinkenden Popularität in den Ortschaften entlang der B 252.
Der Grund, warum das Ministerium nun tätig wird oder zumindest vorgibt, tätig zu werden, ist der Druck der Anwohner.

Die massive Belastung der Gegend durch den Durchgangsverkehr ist seit Jahren Anlass für den Protest mehrerer Bürgerinitiativen und sämtlicher Stadträte und Kreistage. Wirkung zeigt dieser Protest allerdings erst, seit in Todenhausen Einwohner radikal geworden sind und Straßensperren errichten. Da werden Mülltonnen so postiert, dass Gegenverkehr nicht mehr passieren kann. Autos werden so geparkt, dass 12-Tonner-Lkw nur mit vorsichtigem Manövrieren an ihnen vorbeikommen. Die Einwohner sind so verzweifelt, dass sie Staus in ihrem eigenen Dorf verursachen, um auf eine Situation aufmerksam zu machen, die seit Jahrzehnten bekannt ist und durch die Einführung der Autobahnmaut verschärft wurde – die aber die Entscheidungsträger auf Landesebene seit vielen Jahren völlig kalt lässt. Ist ja auch schwierig, sich zu einem Thema zu äußern, das man ansonsten konsequent verleugnet, weil es ins eigene Konzept nicht passen kann. Verkehrslärm? Das darf es ja in Ihrem Weltbild gar nicht geben, oder man sollte es jedenfalls nicht wahrnehmen vor lauter Freude über das Brummen der Wirtschaft. Der gemeine FDP-Wähler wohnt ja auch nicht an einer vielbefahrenen Durchfahrtsstraße wohnen, sondern schön im Grünen.

Nun gibt der Minister den Betroffenen die kleine Placebo-Pille eines Nachtfahrverbots für Lkw. Dieses Verbot soll aber nur ein halbes Jahr gelten, und danach wollen Sie evaluieren. Ich kann Ihnen verraten, was in dieser Evaluation herauskommen wird: den Menschen geht es mit Nachtfahrverbot besser. Das ist keine gewagte Hypothese. Fragen Sie mal Menschen, die direkt vor ihrem Haus Nacht für Nacht Laster vorbeirauschen lassen müssen.
Es ist erfreulich, dass Sie wenigstens an der B 252 „Nacht“ wie gesetzlich vorgesehen als die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr morgens definieren. Am Flughafen sind Sie weniger großzügig.


Aber ich werde den Verdacht nicht los, dass die Einbeziehung des ortsansässigen Verkehrs in das Nachtfahrverbot allein dem Ziel dient, die Anwohner gegen das Fahrverbot allgemein zu mobilisieren. Es gibt Läden, die beliefert werden müssen, Bäckereien, die in der Frühe ihre Ware ausfahren. Für die ergibt sich durch das Nachfahrverbot ein Problem, und zwar eines, das sich leicht aus der Welt schaffen ließe, indem sie gezielt Unternehmen vom Fahrverbot befreiten, die eben auf die frühen Morgenstunden angewiesen sind. Das sind nicht viele. Und die Versuchsphase würde dadurch nicht gestört.

Das Beste, was Sie für eine vernünftige Lösung der Probleme tun könnten, wäre, mit den Betroffenen einmal direkt zu sprechen. Dabei könnten bessere Ansätze herauskommen, als das Abroden von Bäumen, um für die Verlängerung der B 49 schon mal eine Schneise zu schlagen, für eine Autobahn, für die es weder Geld noch Zusagen gibt. Das ist so unsinnig, dass Sie es am letzten Wochenende dann doch vorgezogen haben, diese bizarre Veranstaltung abzublasen. Das braucht in der Region niemand. Ebenso wenig brauchen wir immer mehr Straßen, die zu immer mehr Straßenverkehr einladen. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten, auch wenn das Ihre Klientel in der Speditionsbranche natürlich eher freut als besorgt. Für Hessen aber kann die immer weitere Asphaltierung des Landes nicht den Weg in die Zukunft weisen.

In der Region finden regelmäßig gut besuchte Bürgerversammlungen statt. Die Sprecher der Bürgerinitiativen wie auch die Kommunalpolitiker beschweren sich seit langem vor allem darüber, dass sie von der Landesregierung nicht angehört und ihre Anliegen nicht für voll genommen werden. Wagen Sie sich unters Volk.