Der Himmel gehört nicht Fraport - Rede zu Nachtflugverbot und Fluglärm

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

seit der Eröffnung der neuen Nordwestlandebahn hat die Lärmbelastung für viele Menschen im Rhein-Main-Gebiet massiv zugenommen und viele Menschen leiden darunter und verzweifeln zunehmend.

Seit mehreren Wochen veranstalten die Bürgerinitiativen Montagsdemonstrationen im Terminal des Flughafens. Erst kamen 300, dann 1.000, dann 2.500 und zuletzt 3.500 Menschen, die an den Protesten teilnahmen.

Die Proteste sind bunt, laut und kreativ. Es sind viele Menschen dabei, die bereits gegen die Startbahn West auf die Straße gegangen sind, aber auch solche, die zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrieren. Die Bandbreite reicht von Umweltaktivisten über junge Familien bis hin zu den Nonnen des Marienkrankenhauses aus Flörsheim.

Als LINKE unterstützen wir diese Proteste. Es ist richtig, dass die Region aufsteht und klarmacht, dass der Himmel nicht der Fraport gehört.

Die Redebeiträge geben einen Eindruck von der massiven Beeinträchtigung durch den Fluglärm.

So berichtet Carola Gottas, Sprecherin der neu gegründeten Bürgerinitiative Flörsheim Hochheim, dass die Schulen in Flörsheim Kopfhörer an die Kinder verteilen müssen, damit wenigstens zeitweise konzentriertes Lernen möglich ist. Selbst bei geschlossenen Fenstern in geschlossenen Räumen sei der Lärm kaum erträglich.

Erholung in der nahen Natur oder im eigenen Garten sei unmöglich geworden, und die Menschen hätten zunehmend Angst um ihre Gesundheit. Zu Recht, denn die Hausärzte in der Region stellen eine Zunahme von Gesundheitsschäden seit der Eröffnung der Landebahn Nord-West fest.

Ursula Fechter, die Sprecherin der Bürgerinitiative Frankfurt Sachsenhausen, erklärt: „Wir leben unter einem Lärmteppich, wir werden morgens um 5 Uhr aus dem Bett geworfen. Unsere Kinder leiden besonders, selbst in den Schulen. Wir sind verzweifelt und viele Menschen sind am Ende.“
Das ist die Situation, die Menschen sind in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, und machen sich Sorgen um ihre Gesundheit und die ihrer Kinder.

Anstatt diese Sorgen ernst zu nehmen, spricht Fraport-Chef Stefan Schulte in dieser Woche davon, dass es mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn eine „hohe gefühlte Belastung und Betroffenheit“ gebe.
Das ist zynisch. Es gibt keine gefühlte Betroffenheit, sondern einen Dauerlärmpegel über den Anrainergemeinden, die in Teilen de facto unbewohnbar geworden sind.

Und dabei steht die Ausweitung der Starts und Landungen von 82 auf 126 pro Stunde erst am Anfang. Diejenigen, die es sich leisten können, werden nach und nach wegziehen, sie werden geradezu vertrieben. Die Anderen sind einem deutlich erhöhten Erkrankungsrisiko ausgesetzt.
Und wenn die Fraport jetzt erklärt, man wolle Maßnahmen zum Lärmschutz ergreifen, dann ist das ungefähr so, wie wenn ein Einbrecher Maßnahmen gegen Einbruch fordert.

Durch den Bau der neuen Landebahn wurde diese Zunahme von Lärm doch erst verursacht. Und den betroffenen Menschen hilft letztlich auch kein Schallschutz, der ohnehin erst schwer erkämpft werden muss. Wer will denn in seiner Wohnung wie im Käfig leben, wo man nicht mal ein Fenster öffnen oder auf dem Balkon sitzen kann?

Ja, manchmal hat die Fraport auch was für den Lärmschutz übrig. Für die Proteste wurden nämlich Lärmauflagen erlassen: Damit es nicht zu laut wird, sollten keine Trillerpfeifen und Vuvuzelas eingesetzt werden. Die Menschen sind tagtäglich dem Fluglärm ausgesetzt und der Flughafenbetreiber sorgt sich, wenn es einmal in der Woche für ein Stunde etwas lauter im Terminal wird. Aber was ist der Lärm einer Trillerpfeife gegen einen startenden Airbus keine 300 Meter überm Hausdach?

Die Menschen sind aber nicht nur wütend auf Fraport, sondern auch auf die Parteien, die den Flughafenausbau beschlossen haben. Sie fühlen sich im Stich gelassen und getäuscht insbesondere von der Landesregierung.

Die Sprecherin der BI Flörsheim Hochheim drückt es bei der Demo folgendermaßen aus: „Viele haben sich […]  in den letzten Wochen verzweifelt an Politiker gewandt und haben nun erfahren müssen, dass sie jahrelang belogen worden sind.“

Es gab klare Versprechen an die Region: Nach der Startbahn West hieß es, kein Baum solle mehr fallen. Dann gab die Regierung Koch der Region das Versprechen, dass es einen weiteren Flughafenausbau nur mit Nachtflugverbot geben werde.

Dieses Versprechen haben Sie gebrochen. Und Roland Koch verdient nun sein Geld genau dort, wo man vom Bau der Landebahn am meisten profitiert: beim Baukonzern Bilfinger Berger. Die bekamen den Auftrag die Landebahn bauen, die Koch als Ministerpräsident durchgesetzt hat. Und das stößt den Menschen völlig zu Recht auf, weil sich hier der Eindruck der Käuflichkeit aufdrängt.
Rhein
Und wenn Innenminister Rhein sich jetzt im Oberbürgermeisterwahlkampf für ein „Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber“ ausspricht, dann ist das scheinheilig und völlig unglaubwürdig. Er gehört einer Landesregierung an, die ihr klares Versprechen eines Nachtflugverbotes gebrochen hat. Sie gehen in Revision gegen Ihr eigenes Versprechen.
Herr Rhein, was Sie betreiben ist eine politische Schizophrenie der besonderen Sorte. Es gibt offenbar zwei Rheins: den Wiesbadener Rhein, der der Landesregierung angehört und den ganzen Murks mitmacht, und der Frankfurter Rhein, der sich zum Lärmschützer aufschwingen will. Das ist in höchstem Maße unglaubwürdig.
Am Montag fordern Sie ein Nachtflugverbot ohne Wenn und Aber und einen Tag später stimmen Ihre Parteifreunde wieder gegen ein Nachtflugverbot und die die Rücknahme der Revision. Noch nie ist ein Wahlkampfversprechen schneller zerplatzt, keine 24 Stunde hat es gehalten. Aber jetzt wissen die Frankfurterinnen und Frankfurter wenigstens was Ihre Aussagen wert sind, nämlich gar nichts. Das ist verlogen und das wird Ihnen auch keiner abnehmen.
Forderungen
Meine Damen und Herren, DIE LINKE hält fest an der Forderung nach einem konsequenten Nachtflugverbot und zwar von 22 – 6 Uhr.
Aber Fluglärm ist auch am Tag ein Problem. Es gibt verschiedene Techniken und Verfahren, um Fluglärm zu reduzieren.

Letztlich aber ist das wirkungsvollste Mittel gegen Fluglärm eine Reduzierung der Flugbewegungen, nur so wird es auch weniger Lärm geben. Es muss an der Lärmquelle angesetzt werden und nicht an der Verteilung des Lärms.

Eine Verlagerung des Fluglärms durch eine Verlegung der Flugrouten würde einige Gemeinden entlasten, dafür aber wiederum andere stärker belasten. Deshalb ist es richtig, dass sich die Menschen in den Gemeinden rund um den Flughafen nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern sich gemeinsam und solidarisch gegen die Lärmquelle selbst wehren.

Meine Damen und Herren, die Nordwestlandebahn hätte nie gebaut werden dürfen. Das Ziel eines Flughafenausbaus ist, mehr Flugbewegungen zu ermöglichen und mehr Flugbewegungen bringen automatisch mehr Lärm. Wir unterstützen die Forderung der BI’s nach Stilllegung der Nordwestlandebahn. Dazu braucht es aber noch stärkeren gesellschaftlichen Druck und noch mehr Menschen, die auf die Straße bzw. ins Terminal gehen.

Wir fordern: Menschen vor Profite. Es ist nicht hinnehmbar, dass Fraport und Lufthansa hohe Profite auf Kosten der Gesundheit der Menschen in der Region machen. Deshalb wünschen wir den BI’s viel Erfolg. Wir werden sie auch weiterhin unterstützen, wo wir können.