Rechte der Beschäftigten achten! Rede zur zweiten Lesung des Uniklinikgesetzes

Vielen Dank, Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist auch das letzte Mal, dass ich heute rede. Versprochen.
(Zurufe: Oh! – Schade!)
Ich komme ja im Dezember wieder.
Ich will mit etwas Positivem beginnen. Das ist nicht viel, deswegen ist es auch ganz kurz, Herr Staatssekretär.
Ich will damit beginnen, dass CDU und FDP doch einen Kritikpunkt aus der Anhörung aufgenommen haben. Herr Paulus hat darauf hingewiesen, Sie haben einen Änderungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf eingebracht, mit dem Sie wenigstens die Frist verlängern wollen. Das ist die Frist, innerhalb der sich die Beschäftigten entscheiden können, ob sie von ihrem Rückkehrrecht in den Landesdienst Gebrauch machen wollen. Die Frist ist nun von drei Monate auf sechs Monate verlängert worden.
Betriebsrat und Klinikleitung waren sich darüber einig, dass diese sehr umfangreichen Beratungen der einzelnen Beschäftigten die gesamte Tarifentwicklung nachvollziehen muss. Dazu reichen drei Monate nicht aus, Sie haben das auf sechs Monate verlängert. Wir haben dem im Ausschuss ausdrücklich zugestimmt. Das ist aber leider der einzige Punkt, den Sie aus der Anhörung aufgenommen haben.
(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Immerhin!)
Herr Müller, deswegen gibt es eine dritte Lesung, damit Sie weiter die Möglichkeit haben, sich zu bewegen und andere Kritikpunkte aus der Anhörung aufzugreifen.
Es gibt auch noch andere Fragen, beispielsweise die Frage des Kündigungsschutzes, die Frage des Schlechterstellungsverbotes, die Frage des Geltungsbereichs. Herr Paulus, Sie haben gesagt, Sie hätten das Ziel, Rechtssicherheit zu schaffen. Es gab in der Anhörung ganz großen Zweifel daran, ob in dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form überhaupt die Minimalanforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden. Dabei ist die Frage aufgeworfen worden, ob nicht neue Rechtsunsicherheit geschaffen wird. Diese Kritik haben Sie leider nicht aufgenommen, und deswegen bleiben offene Fragen, und es bleibt eine Unsicherheit. Aus diesem Grund wurde in der Anhörung angemahnt, dass es Nachbesserungen geben muss.
Ich muss hinzufügen, dass ich nach wie vor den Titel Ihres Gesetzes für völlig falsch halte. Der Titel Ihres Gesetzentwurfs lautet „Stärkung von Arbeitnehmerrechten am Uniklinikum Gießen-Marburg“. Es geht hier aber nicht um eine Stärkung von Arbeitnehmerrechte, es geht hier um die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten, die ihnen nach dem Grundgesetz zustehen und die Sie ihnen nicht gewährleistet haben.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will auch darauf hinweisen, dass es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedurft hatte, die Sie daran erinnern musste, dass das Land sich als Arbeitgeber nicht einfach aus der Verantwortung stehlen kann und sich per Gesetz einfach seiner Arbeitgeberpflichten entledigen kann.
Sie wollten damals die Privatisierung möglichst reibungsfrei durchsetzen. Deswegen haben Sie den Beschäftigten eben kein Widerspruchsrecht eingeräumt. Das hätten Sie eigentlich tun müssen. Sie haben es nicht getan, weil Sie Angst hatten, dass das die Privatisierung verzögern oder vielleicht sogar verhindern hätte können.
Herr Müller, die Problematik war Ihnen bekannt. Die Frage des Widerspruchsrechts ist in der damaligen Anhörung – ich war damals leider noch nicht im Landtag, habe aber die Anhörungsunterlagen durchgesehen – schon thematisiert worden. Sie wussten genau, dass Sie ein Risiko eingehen, indem Sie den Weg so gegangen sind, wie Sie es gemacht haben.
Deswegen halte ich fest: Die Privatisierung war ein Fehler, und obendrein war die Umsetzung noch verfassungswidrig.
Die Leidtragenden sind die Beschäftigten am Uniklinikum, die sich nicht nur über schlechtere Arbeitsbedingungen beklagen, sondern die auch eine gewisse Unsicherheit haben. Aus diesem Grund halten wir auch die dritte Lesung für nötig. Dann können CDU und FDP auch noch einmal in sich gehen – es beginnt ja jetzt die besinnliche Zeit, da können Sie die Ruhe der Adventssonntage ein wenig nutzen,
(Beifall bei der LINKEN und der SPD)
und noch einmal überlegen, ob Sie nicht doch noch die gröbsten Fehler in diesem Gesetzentwurf korrigieren wollen.
So, wie der Gesetzentwurf jetzt ist, können wir ihn ganz sicher nicht mittragen. Er schafft keine Rechtssicherheit, sondern lässt weiterhin Unsicherheiten bestehen. Da hilft es auch nicht, zu sagen, was Sie alles wollen und was Sie alles meinen. Sie müssen es in den Gesetzentwurf schreiben. Im Zweifelsfall können sich Beschäftigte nicht darauf berufen, was der Abgeordnete XY im Landtag gesagt hat. Beschäftigte können sich nur auf das berufen, was wirklich im Gesetz steht.
Wenn Sie das alles so wollen, wie Sie es hier sagen, dann schreiben Sie es doch bitte in den Gesetzentwurf hinein. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)