Energiewende in Hessen muss endlich im Wärmebereich beginnen

Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,

der Energiegipfel hat sich über ein halbes Jahr mit der Energiewende in Hessen befasst und viele konkrete Schritte und Maßnahmen vorgeschlagen. Leider passiert bei der Umsetzung aber herzlich wenig. Die Ministerin setzt weiterhin auf Appelle und gutes Zureden. Beratungsangebote sind sinnvoll, aber sie reichen nicht aus. Wir brauchen verbindliche gesetzliche Regelungen.

Gebäudesanierung und Einsparungen

Gerade im Wärmebereich gibt es enorme Energieeinspar- und Effizienzgewinnungspotentiale. Hierbei geht es weniger um Neubauten, sondern vor allem um den Gebäudebestand. Dort liegen enorme Potentiale zur Energieeinsparung.

Aber bei der energetischen Gebäudesanierung gibt es ein Mieter-Vermieter-Dilemma, das die Frau Ministerin richtigerweise auch in ihrer Regierungserklärung vor einigen Wochen angesprochen hat. Denn die Kosten der Gebäudesanierung liegen beim Hauseigentümer, den Vorteil sinkender Heizkosten haben allerdings diejenigen, die ein Haus bewohnen, und das sind meist nicht die Eigentümer, sondern die Mieter.

Die Regelung, die die Bundesregierung gefunden hat, ist, dass die Bauherren 11 Prozent der Renovierungskosten pro Jahr auf die Mieten aufschlagen können. Aber schon das ist für viele Mieter eine gewaltige Belastung.

Im Ergebnis liegen wir trotz aller Förderprogramme weit unter einer Sanierungsrate von 3 Prozent des Wohnungsbestandes, die tatsächlich erstrebenswert wäre.

Meine Damen und Herren, die gesellschaftliche Akzeptanz von energetischer Gebäudesanierung wird untergraben, wenn Normalverdiener die Energiewende nur als Kostensteigerung erfahren. Wir wollen deshalb die maximale Umlage von Modernisierungskosten auf 5 Prozent pro Jahr beschränken und diese Umlage daran knüpfen, dass für die Mieter auch tatsächlich greifbare Vorteile aus der Sanierung entstehen. Nur so können soziale Härten vermieden werden.

Im Antrag der Grünen ist nachzulesen, dass steuerliche Anreize nötig seien, um die energetische Gebäudesanierung zu beschleunigen. Ich will in diesem Zusammenhang nur auf die Problematik hinweisen, die auch im Bundesrat diskutiert wurde.

Insbesondere der damalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller und der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, haben darauf hingewiesen, dass das alleinige Setzen auf steuerliche Anreize untauglich sei. Es führt dazu, dass identische Sanierungsmaßnahmen unterschiedliche Förderungen erfahren.

Wenn ein Eigentümer ein hohes Einkommen hat und demnach hohe Steuern bezahlt, erhält er viel mehr Förderung als einer mit einem geringen Einkommen. Bei der energetischen Sanierung würden wieder Besserverdiener bevorzugt. Deshalb muss auch über direkte Zuschüsse nachgedacht werden.

Hier gibt es Vorschläge u.a. vom Mieterbund, diese Vorschläge sollte die Landesregierung aufgreifen.

Bauordnung

Das nächste Thema ist die Bauordnung. Hier hat die Landesregierung den Kommunen ein wirksames Instrument aus der Hand geschlagen. Nämlich, dass in Kommunen Heizungsarten verbindlich vorgeschrieben werden können, wie beispielsweise durch die Marburger Solarsatzung.

Im Baurecht ist alles reglementiert, sei es der Anschluss an die Kanalisation oder die Höhe der Bebauung. Aber an einer derart wichtigen Frage, bei der man schnell greifbare Ergebnisse erzielen kann, da plädieren Sie für Freiwilligkeit, das halten wir für fahrlässig und falsch.

Sie haben gesagt, dass Sie im nächsten Jahr mit 80 Millionen Euro den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz stärken wollen. Was genau Sie dazu alles zählen, haben Sie nicht dargelegt. Eines der wenigen konkreten Projekte der Landesregierung in diesem Bereich soll ein Förderprogramm für den Austausch von Wärmepumpen in Ein- und Zweifamilienhäusern sein. Dafür gibt das Land eine Million Euro aus. Ganz nett, aber wie völlig unverhältnismäßig angesichts der Notwendigkeiten im Gebäudebereich.

Sie wollen mit diesem Geld den Austausch von 10.000 Pumpen fördern. Das ist auf den gesamten Gebäudebestand gerechnet nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Und pro Förderantrag gibt es maximal 100 Euro. Es fällt mir schwer, das als ernst gemeinten Ansatz zu einer aktiven Energiepolitik zu verstehen.

Wer trägt welche Kosten?

Wer sich ernsthaft Sorgen um die Kosten für Strom und Gas macht, der muss auch die Frage reden, wer die Kosten für die Energiewende bezahlen soll. Denn die gesellschaftliche Akzeptanz einer Energiewende hängt maßgeblich davon ab, wer die Kosten trägt. Selbstverständlich sind die Energiekonzerne dafür, die Frage zu lösen, indem sie ihre Preise erhöhen und die Verbraucher die Energiewende bezahlen lassen.

Die gerechte Möglichkeit der Finanzierung einer Energiewende wäre eine andere: wir haben milliardenschwere Konzerne im Land diese Profiteure der bisherigen Energiepolitik müssen an diesen Kosten beteiligt werden.

Und wir müssen über die Strom- und Gaspreise reden. Die dürfen nicht dem Markt überlassen werden, wir brauchen eine staatliche Preisaufsicht, damit die Verbraucher nicht immer weiter abgezockt werden. Das ist möglich, in der Hälfte der EU-Staaten gibt es regulierte Strom- und Gaspreise. Das ist allein eine Frage des politischen Willens.

Kommunen

Wenn wir die Energiewende schnell umsetzen wollen, dann muss den Kommunen dabei eine Schlüsselfunktion zufallen.

Aber die Landesregierung verfährt nach dem Motto nach dem Motto „Privat vor Staat" und behindert die Kommunen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Mit der letzten Änderung der Hessischen Gemeindeordnung haben Sie die Situation für die Kommunen noch verschlechtert. Mit der Einführung einer Drittschutzklausel räumen Sie den Stromkonzernen ein Exklusivrecht ein, sie können sich zukünftig überall einklagen. Und die Kommunen sollen sich auf thermische Energie beschränken, weil das für die Privaten nicht so lukrativ ist.

Wir lehnen die fortgesetzte Beschränkung der kommunalwirtschaftlichen Betätigung ab, denn ohne eine aktive Rolle der Kommunen ist eine Energiewende in Hessen nicht möglich.

Deswegen müssen die hessischen Kommunen wie die Kommunen in anderen Bundesländern zumindest das Recht zur energiewirtschaftlichen Betätigung erhalten.

Energieversorgung ist für unsere Gesellschaft existenziell, und deswegen gehört sie in die öffentliche Hand, damit sie verlässlich, preiswert und ökologisch wird. Die Energiewirtschaft muss an sozialen und ökologischen Kriterien ausgerichtet werden.

Und ohne einen Umbau der Energiewirtschaft und eine Entmachtung der großen Konzerne wird sich eine vollständige Energiewende nicht durchsetzen lassen. Ein wichtiger Schritt dahin wäre eine Stärkung der Stadtwerke.

Energiegipfel

Der Energiegipfel mag dazu beigetragen haben, dass CDU und FDP in Hessen die energiepolitische Steinzeit allmählich verlassen. Der gefundene Konsens allerdings ist äußerst dünn und den Herausforderungen überhaupt nicht angemessen. Deshalb haben wir dem Abschlussbericht als einzige nicht zugestimmt

Frau Ministerin, was Sie angekündigt haben, ist vor allem ein Konjunkturprogramm für Werbe- und Marketingfirmen. Sie wollen wieder viele bunte Hochglanzbroschüren drucken und Plakate hängen und dabei geht es Ihnen weniger um die Energiewende, sondern vielmehr um die Selbstdarstellung der Landesregierung. Was wir brauchen sind konkrete Gesetzesinitiativen und keine pressewirksamen Preisverleihungen.