VGH kippt Südumfliegung

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich stelle fest: Das Urteil des VGH ist eine schallende Ohrfeige für alle Flughafenausbaubefürworter, und es ist eine Ohrfeige für alle Parteien, die damals im Landtag dem Flughafenausbau zugestimmt haben.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Dieses Urteil offenbart in drastischer Art und Weise, dass der gesamte Flughafenausbau, dass die ganze Nordwestlandebahn eine völlige Fehlplanung ist und dass alle Befürchtungen, die im Vorfeld genannt wurden, eingetreten sind. Diese Bahn ist so überhaupt nicht mehr zu halten. Deswegen hat nach diesem Urteil die Forderung nach der Stilllegung dieser Landebahn noch einmal mehr Berechtigung bekommen.

(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU)

Das Grundproblem bleibt doch bestehen. Das Grundproblem ist: Es wird inmitten eines Ballungsgebiets ein Flughafen ausgebaut. Wie sollen denn in einem dicht besiedelten Gebiet immer mehr Flugbewegungen abgewickelt werden? Wie soll denn das funktionieren, ohne die Sicherheit zu gefährden, ohne Ortschaften absiedeln zu müssen? – Das kann doch überhaupt nicht funktionieren.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Mediation!)

Man kann in einem Ballungsgebiet keinen Flughafen immer weiter wachsen lassen. Die Grenzen des Wachstums waren schon vor der Nordwestlandebahn überschritten. Deswegen ist dieser Ausbau ein riesiger Fehler gewesen; und die Leidtragenden sind die Menschen in der Einflugschneise, die tagtäglich, ab morgens 5 Uhr, den Krach haben, die sich Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder machen, die ihre Terrassen nicht mehr nutzen können. Sie, Herr Minister, stellen sich hin, wischen über diese Sorgen und Probleme einfach hinweg und erklären sich für nicht zuständig.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie tragen nicht die Verantwortung für die exakte Festlegung der Flugrouten, aber Sie tragen die politische Verantwortung für den Ausbau dieses Flughafens. Wie soll denn eine sichere Alternative zur Südumfliegung aussehen? Wie soll das denn funktionieren, dass man trotzdem auf 126 Flugbewegungen pro Stunde kommt? Was passiert, wenn man feststellt, dass es eben keine Flugroute gibt, die das ermöglicht? Dann steht doch notwendigerweise der Planfeststellungsbeschluss auf dem Prüfstand, wenn 126 Flugbewegungen pro Stunde nicht zu erreichen sind. Spätestens dann muss man doch diesen Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich infrage stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Planfeststellungsbeschluss beruht auf völlig falschen Prognosen und auf völlig falschen Tatsachen. Wir haben es mit einer sinkenden Zahl von Flugbewegungen zu tun. Die Arbeitsplätze, die Sie vor dem Ausbau des Flughafens versprochen haben, haben sich als vollkommen haltlose, leere Versprechungen entpuppt. Dieser Flughafenausbau ist nicht raumverträglich. Völlig egal, wie man diese Flugrouten festlegt – es gibt keine Möglichkeit, sie so festzulegen, dass sie sicher sind und man keine Ortschaften absiedeln muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Lösung ist doch nicht, den Lärm irgendwie anders zu verteilen. Der Lärm muss insgesamt reduziert werden, weil dieser Flughafen in diesem Ballungsgebiet einfach nicht weiter wachsen kann. Wenn die Flugrouten neu festgelegt würden, würden die Menschen mehr Lärm ausgesetzt sein, entweder die einen oder die anderen. Wir brauchen eine allgemeine Reduzierung des Fluglärms. Deswegen treten wir für die Deckelung und die Reduzierung der Flugbewegungen ein. Vorgestern gab es nicht nur das Urteil des VGH, vorgestern gab es einen weiteren Wirbelschleppenvorfall in Flörsheim. Erneut sind aufgrund der Wirbelschleppen eines landenden Flugzeugs Dachziegel von einem Dach gefallen und an der gegenüberliegenden Hauswand zerschellt. Wir erinnern uns an den Planfeststellungsbeschluss und daran, was damals zu dem Risiko von Wirbelschleppen gesagt wurde. Dieses Risiko wurde vollkommen ausgeblendet. Es war die Rede von einem Wirbelschleppenvorfall in zehn Millionen Jahren. Nach dieser Berechnung wäre Flörsheim gerade sehr alt geworden. Wir sind der Meinung, aufgrund der Lärmbelastung, aufgrund der Sicherheitsrisiken, aufgrund des Wirbelschleppenrisikos ist es notwendig, diese Landebahn stillzulegen. Terminal 3 darf nicht gebaut werden. Ein weiteres Wachsen dieses Flughafens ist Wahnsinn. Das kann niemand mehr politisch verantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich hoffe, dass dieses Urteil bei SPD und GRÜNEN auch noch einmal etwas in die Richtung verändert, dass es auch für sie möglich ist, die Nordwestlandebahn stillzulegen. Es wird keine Lösung geben, wie man auf die 126 Flugbewegungen pro Stunde kommt. Dann ist der Planfeststellungsbeschluss in dieser Form auch nicht mehr haltbar.

(Beifall bei der LINKEN – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Woher wissen Sie das alles?)

Am Samstag werden hoffentlich Tausende Menschen in Wiesbaden gegen Fluglärm demonstrieren. Ich hoffe, dass sich die Menschen in dieser Flugroutendiskussion nicht gegeneinander ausspielen lassen, ganz egal, wo sie wohnen, ob sie von diesem Urteil entlastet oder belastet werden, dass sie weiter zusammenstehen und weiter gemeinsam für eine Reduzierung des Fluglärms, für ein achtstündiges konsequentes Nachtflugverbot und für die Stilllegung dieser Landebahn kämpfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Karlheinz Weimar (CDU))