Alle reden über Posten, wir reden über Inhalte!
Herr/Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,
es ist ja durchaus ein Ausdruck für Realitätssinn, dass die CDU eine Aktuelle Stunde beantragt, die sich mit der Frage der Nachfolge von Herrn Rentsch als Wirtschaftsminister beschäftigt. Die CDU glaubt also auch nicht mehr daran, dass die FDP den Wirtschaftsminister nach der Landtagswahl bestimmen kann. Das spricht für sich.
Und auch Herr Rentsch selber spricht ja in Interviews und Landtagsreden mittlerweile mehr über einen möglichen Nachfolger und die Politik der Grünen als über seine eigenen Vorstellungen.
In bekannter Manier wird versucht Panik vor der Opposition zu verbreiten und eine Negativkampagne loszutreten. Ein FAZ-Interview nutzt Herr Rentsch fast ausschließlich, um über die Grünen zu reden und für inhaltsleere Attacken gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Als ob sich an der Frage des Tempolimits die Zukunft Hessens entscheiden würde. Zudem ist die Frage eines Tempolimits auf Autobahnen auf Landesebene gar nicht zu entscheiden.
Dabei könnte ich Ihrem Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger" sogar einiges abgewinnen, wenn wir das mal für den öffentlichen Personennahverkehr diskutieren würden.
Kostenloser ÖPNV oder wenigstens Fahrtkartenpreise, die für alle erschwinglich sind, wären ein echter Fortschritt im Bereich der Mobilität. Stattdessen erleben wir die nächste Preiserhöhung beim RMV, der jetzt schon einer der teuersten Verkehrsverbünde ist. Ich will darauf hinweisen, dass im Hartz IV-Regelsatz gerade mal 19,50 Euro für den ÖPNV vorgesehen sind. Damit kommt man im RMV-Gebiet nicht weit. Mit freier Fahrt hat das nichts zu tun.
Herr Minister, Sie werfen anderen Steinzeitkonzepte vor und halten selbst fest an einer völlig überkommenen Verkehrspolitik, die hohe Belastungen für Mensch und Umwelt bedeutet. Ich habe gehört, dass die Fluglärmgegner Ihnen am Wochenende beim Schweitzer-Straßenfest auch recht deutlich mitgeteilt haben, was sie von Ihrer Verkehrspolitik halten.
Auch energiepolitisch sind Sie trotz Ihres Lebensalters ein Fossil. Wenn Sie diese Aktuelle Stunde nutzen wollen, um vor der Opposition zu warnen, dann will ich darauf hinweisen, was der gegenwärtige Amtsinhaber von der FDP hierzu zu sagen hat. Auf die Frage der FAZ, ob sich Hessen eine ökologisch ausgerichtete Wirtschaftspolitik leisten können, lautet seine Antwort – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - : „Davor kann man nur warnen. Die Energiewende, die damit verbundene Verteuerung des Stroms und die Zweifel an der Versorgungssicherheit kosten uns massiv Arbeitsplätze."
Meine Damen und Herren, wir haben einen Wirtschaftsminister, der sämtliche Ergebnisse des hessischen Energiegipfels öffentlich als Gefahr darstellt, vor der er warnen muss. Und so handelt er auch und blockiert den Ausbau der Windkraft. Vor wem man wirklich warnen muss, meine Damen und Herren, das ist dieser Wirtschaftsminister.
In Wahrheit schafft die Energiewende und vernichtet sie nicht.
Nun bringen sich ja gleich drei Herren als potenzielle Wirtschaftsminister ins Spiel. Alle reden über Posten, DIE LINKE redet über die Inhalte.
Denn letztlich sind nicht allein die Parteifarbe sondern die Inhalte entscheidend, denn schon einige Minister haben sich im Amt als Chamäleon entpuppt. Grüne Minister haben auch schon mal gelbe Politik gemacht und SPD-Minister wurden im Amt auf einmal schwarz.
Deshalb will ich mal skizzieren, was wir uns von einem neuen hessischen Wirtschaftsminister oder einer Wirtschaftsministerin wünschen würde, vielleicht als Anregung für die Bewerber.
Ich wünsche mir einen Wirtschafts- und Verkehrsminister, für den Menschen wichtiger sind als Profite und Interessen von Fraport und Lufthansa, der sich konsequent für Lärmschutz und ein achtstündiges Nachtflugverbot einsetzt und die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen stilllegt. Dafür steht leider keiner der drei Herren, die sich um das Amt bewerben. Denn SPD und Grüne betonen ja in erster Linie, was alles nicht geht in Sachen Lärmschutz. An dieser Frage weiter Druck zu machen, bleibt wohl auch in Zukunft der LINKEN vorbehalten.
Was wir brauchen, ist eine Verkehrswende. Die Privilegierung des Automobil- und Flugverkehrs muss ein Ende haben, stattdessen muss die Schiene und der ÖPNV gefördert und ausgebaut werden. Durch die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, wohnortnahe Nahversorgung und vor allem wohnortnahes Arbeiten kann Verkehr vermieden werden. Dazu brauchen wir einen Wirtschaftsminister, der bereit ist Geld zu investieren in den Ausbau des ÖPNV und der die Schaffung von Wohnraum als Kernaufgabe des Staates ansieht, statt im Auftrag der Schuldenbremse immer weiter bei der Infrastruktur zu kürzen.
Und ich wünsche mir einen Verkehrsminister, der sich für die Beschäftigten im ÖPNV einsetzt und Lohndumping unterbindet, statt Wettbewerb auf deren Rücken zu fördern.
Wir brauchen einen Minister, der die Energiewende endlich entschlossen vorantreibt und sich nicht als Lobbyist der Energiekonzerne versteht.
Ein Wirtschaftsminister müsste sich auch den Kampf für gute Arbeit auf die Fahnen schreiben und der systematischen Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben den Kampf ansagen.
Wir brauchen einen Wirtschaftsminister, der den Satz in der Verfassung ernst nimmt, der besagt, dass die Wirtschaft dem Wohle der Allgemeinheit verpflichtet ist.