Rede zur Windenergie und zum Landesentwicklungsplan

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Der Energiegipfel verkommt wirklich immer mehr zur Farce. Das war eine reine Inszenierung. Der Ministerpräsident hat immer wieder betont, wie toll es gewesen sei, dass so viele Menschen in den Arbeitsgruppen des Energiegipfels mitgearbeitet hätten. Sie hätten alle ihre Ideen und Vorschläge eingebracht.

Ich muss eines einmal sagen: Ich glaube, dass sich viele dieser Menschen, ehrlich gesagt, mittlerweile
ziemlich verarscht fühlen.

(Holger Bellino (CDU): Das ist nicht parlamentarisch! – Weitere Zurufe)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Frau Wissler, das Wort möchte ich nicht gehört haben. Es ist nicht parlamentarisch.

Janine Wissler (DIE LINKE):
Denn die Ergebnisse des Energiegipfels werden in dieser Form einfach überhaupt nicht umgesetzt.

(René Rock (FDP): Sie haben doch gar nicht zugestimmt!)

– Ja, wir haben nicht zugestimmt. Das ist richtig. Wir haben nicht zugestimmt, weil wir einige Punkte
falsch fanden.

(René Rock (FDP): Sie sind doch dagegen!)

Aber nicht einmal die Minimalergebnisse des Energiegipfels setzen Sie um. Herr Rock, das ist doch
das Problem.

Der Herr Minister hat hier gesagt, es habe gar keine Einwendungen der Stellungnehmenden zum Landesentwicklungsplan gegeben. Ich habe mir gerade eben noch einmal eine neunseitige Stellungnahme durchgelesen. Sie enthält lauter Änderungsvorschläge. Herr Minister, das ist gegenüber den Anzuhörenden doch wirklich ignorant.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Norbert Schmitt und Timon Gremmels (SPD))

Die Menschen fragen sich doch, warum sie an Anhörungen überhaupt noch teilnehmen sollen, wenn
danach erzählt wird, alle hätten dem zugestimmt, obwohl es jede Menge Kritik gegeben hat. Eines in Ihrer Rede fand ich ganz interessant. Sie haben gesagt, Sie wollten, dass die Energiewende
passiert. Herr Minister, aber die Energiewende passiert nicht einfach. Sie fällt nicht vom Himmel
und ist auf einmal da. Vielmehr muss sie organisiert werden. Das wäre die Aufgabe dieser Landesregierung. Dabei versagt diese Landesregierung leider vollkommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie tun alles, um die Energiewende zu verschleppen und zu verzögern. Sie konterkarieren die Ergebnisse des Energiegipfels. Ich will das an ein paar Beispielen noch einmal deutlich machen. Bei den Debatten auf dem Energiegipfel gab es zunächst einmal die Diskussion, die besagte, dass es mindestens 2 bis 3 % Vorrangflächen für Windkraftanlagen geben solle. Das war ursprünglich der Debattenstand. Daraus wurden dann mindestens 2 %. Mittlerweile heißt es, das solle in der Größenordnung von 2 % sein, davon könne aber abgewichen werden.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das nächste Mal heißt es: maximal 2 %!)

– Das nächste Mal heißt es dann maximal 2 %, um Gottes Willen, bloß nicht mehr. – Sie weichen also
schrittweise von dieser Vereinbarung des Energiegipfels ab. Zu der Frage der Mindestabstände wurde schon etwas gesagt. Da gab es beim Energiegipfel eine andere Festlegung. Frau Kollegin Dorn und Herr Kollege Gremmels haben das ausgeführt. Da wurde nämlich gesagt, dass man in begründeten Ausnahmefällen von den 1.000 m Abstand abweichen kann, wenn es eine Einigung gibt.
Warum müssen Sie denn diese starre Regelung jetzt so festschreiben? – Herr Minister, denn an anderen Stellen reden Sie immer davon, dass man nicht so viele bürokratische Vorgaben machen sollte.

(Beifall des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Sonst predigen Sie immer von der Weisheit der Märkte. Hier wollen Sie sogar Vorgaben zu den Windgeschwindigkeiten machen. Das geschieht mit dem Argument, Investitionen sollten effektiv sein. Herr Minister, Sie wissen doch selbst, dass kein Investor Windräder dort aufstellen wir, wo kein Wind weht. Das ist doch vollkommen logisch. Dazu muss man doch keine Vorschrift machen. Das, was Sie hier erzählen, ist doch absurd.

Ich finde das wirklich auch deshalb bezeichnend, weil wir ab und zu einmal eine Diskussion darüber
haben, wie viele Vorgaben man der Wirtschaft machen muss. Ich finde es da schon interessant, dass
Sie hinsichtlich des Vergabegesetzes sagen: Natürlich müssen wir keine Ausbildungsquote festschreiben. – Ob die Produkte aus Kinderarbeit stammen, oder nicht, das sind alles keine Dinge, die wir regeln müssen. Die Frage, ob ein Unternehmen tariftreu ist, ist nicht wichtig. Aber bei der Windgeschwindigkeit wollen Sie exakt die Meter pro Sekunde festschreiben, ab denen ein Investor investieren darf. Das ist doch gaga. Das, was Sie da machen wollen, ist doch nicht sinnvoll.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

Herr Minister, wenn Sie sich Sorgen um die Effektivität und die Kosten der Energiewende machen,
dann schlage ich Ihnen vor: Machen Sie sich einmal dafür stark, dass die Förderung der Nutzung der
Windenergie an Land gegenüber der Förderung der Offshoreanlagen bevorzugt wird. Das wäre wirklich effektiv. Denn wir wissen, dass die Energiegewinnung offshore viel teurer als die an Land ist. Dazu kommen dann auch noch die Transportwege. Setzen Sie sich doch bitte dafür ein, dass es da effektiv und effizient wird. Herr Minister, es sollte eine größere Förderung der kostengünstigeren Energiegewinnung an Land geben.

Ich will noch etwas zu der Frage der Akzeptanz sagen. Ich denke, dass die Akzeptanz der Nutzung
der Windenergie, aber auch der anderer erneuerbarer Energiearten, letztlich damit zusammenhängt, ob es Transparenz und die Einbeziehung der Menschen vor Ort auch hinsichtlich der Frage gibt, wo die Anlagen errichtet werden sollen.

Ich glaube, es geht dabei auch um die Fragen: Wem gehören diese Anlagen eigentlich, wer profitiert
von diesen Anlagen? – Ich denke, es wäre deshalb entscheidend, die Arbeit der Kommunen, der
Stadtwerke und der Energiegenossenschaften zu fördern. Man sollte deren Arbeit erleichtern. Man
sollte sie unterstützen. Auch das gehört für mich zur Energiewende: Man sollte die Marktstrukturen und die Macht der großen Vier offensiv infrage stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Rentsch, die Landesregierung macht leider das Gegenteil. Mit dem Erlass zur Windkraftnutzung
im Hessischen Staatswald vom 25. Mai 2012 legt sie fest, dass windhöffige Vorzugsstandorte zur Nutzung der Windenergie im Staatswald des Landes unter marktgerechten Bedingungen vertraglich überlassen werden sollen. Nur wenn die Kommunen mit den Angeboten privater Investoren mithalten können, ist diesen der Vorzug zu geben.

Wir wollen, dass im Landesentwicklungsplan der Strukturförderung und der regionalen Wertschöpfung
der Kommunen der Vorrang gegeben wird. Hessen-Forst soll den Wald weiter nutzen können, soll
aber für Kommunen und Energiegenossenschaften auf die Pachteinnahmen verzichten. Wenn die
Menschen vor Ort an den Einnahmen aus der Nutzung der Windenergie beteiligt würden und diese
z. B. für die soziale Infrastruktur genutzt würden, dann würde selbstverständlich auch die Akzeptanz
der Windkraftanlagen steigen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Das wäre eine ganz andere Situation, als wenn die Gewinne aus der Nutzung der Windkraftanlagen in
die fernen Konzernzentralen fließen.

Sie wollen die Energiewende nicht. Ich habe das Plakat nicht ganz gesehen. Ich habe es nur im Augenwinkel gesehen. Das Plakat, das Frau Kollegin Dorn gezeigt hat, habe ich bisher nicht gekannt.

(Zuruf)

– Der Herr Minister hat es gleich eingesackt. – Herr Minister, ich fände es schon interessant, ob Sie
dazu noch einmal Stellung nehmen wollen. Wenn ich es richtig gesehen habe, sollen da mit einem
brennenden Windrad Ängste geschürt werden. Wenn Sie das in Wiesbaden plakatieren, wo Sie Kreisvorsitzender sind, und sich dann wieder hierhin stellen und sagen: „Na ja, das Problem ist doch, dass es keine große Akzeptanz für die Nutzung der Windkraft gibt", dann ist das doch wirklich hanebüchen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen fände ich es schon sinnvoll, wenn Sie dazu noch etwas sagen würden. Vor allem sollten
Sie auf Ihre Parteifreunde in Wiesbaden einwirken und sagen, dass es eine solche Kampagne nicht
geben darf. Man darf den Menschen vor der Energiewende keine Angst machen. Das Gegenteil ist
der Fall. Man muss die Chancen betonen, und zwar insbesondere die Chancen zur Entwicklung des
ländlichen Raums und die Chancen, dass Arbeitsplätze entstehen können. Man kann da nicht permanent den Bedenkenträger geben.

Frau Präsidentin, zuletzt möchte ich noch eines ansprechen. Den Naturschutz und die Energiewende
gegeneinander auszuspielen finde ich wirklich ziemlich absurd. Ihnen ist wirklich kein Argument zu
schade. Ich will an der Stelle noch einmal sagen:

Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Sie müssen jetzt zum Ende Ihrer Rede kommen.

Janine Wissler (DIE LINKE):
Die Energiewende ist eine Naturschutzmaßnahme. Denn nur so kann man den CO2-Ausstoß senken.
Nur so kann man dafür sorgen, dass die Energieerzeugung die Umwelt nicht mit schädlichen Abgasen
und CO2 immer weiter belastet. – Vielen Dank.