Rechtspopulistischen und rassistischen Äußerungen entgegentreten

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Alle paar Wochen diskutieren wir im Landtag über unsägliche Äußerungen von Herrn Irmer. Das ist leider auch nötig, weil der Landtag nicht schweigen darf, wenn ein Abgeordneter Ressentiments und Vorurteile in einer Art und Weise schürt, wie Herr Irmer das in seinem „Wetzlar Kurier“ macht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

In jeder Ausgabe wird Stimmung gegen Muslime und Migranten gemacht. Im Januar 2014 lautete der Titel: „Islamische Verbände haben Grundgesetz nicht verstanden“. Im März 2014 war es: „Nein zur Einwanderung in soziale Sicherungssysteme“. In der aktuellen Ausgabe zieht Herr Irmer über angeblich „kriminelle Migranten“ her und versucht, den Eindruck zu erwecken, als seien es vor allem Migranten, die gegenüber Polizisten gewalttätig würden.

Auch für die „Junge Freiheit“ schreibt Herr Irmer regelmäßig Artikel, in denen dann solche Dinge wie Folgendes stehen – ich zitiere –: „Wir wollen als Christen niemanden in die Hölle schicken, wir sollten die Islamisten aber unverzüglich in ihre angestammte Heimat schicken, statt sie teilweise noch über Sozialleistungen zu finanzieren.“ Wer sich derart als Stichwortgeber für Rechtsaußen betätigt, der vergiftet ganz bewusst das politische Klima und profiliert sich auf Kosten der Minderheiten.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wie armselig ist es, wenn man meint, sich auf Kosten der Flüchtlinge, auf Kosten der Migranten und auf Kosten der Homosexuellen profilieren zu müssen? Das ist Wasser auf die Mühlen der NPD. Von denen wurde Herr Irmer des Öfteren schon gelobt.

Herr Ministerpräsident, Sie haben zu Beginn der Legislaturperiode angekündigt, Sie wollten die Willkommenskultur in Hessen stärken. Da frage ich Sie: Wenn Sie das ernsthaft wollen, warum ist Hans-Jürgen Irmer dann immer noch stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion? Sie haben ihn sogar wieder zum bildungspolitischen Sprecher benannt.

Meine Damen und Herren, wenn Herr Irmer Ihr Beitrag zum Schulfrieden ist, dann spricht das Bände. Sie haben einen Vertreter benannt, mit dem sich weder die GEW noch der Landeselternbeirat, noch die Landesschülervertretung an einen Tisch setzen wollen.

(Zuruf von der CDU: Das ist Ihre Behauptung!)

Herr Irmer ist nicht der einzige Scharfmacher in der hessischen CDU. Vergangene Woche sorgte Erika Steinbach für Entsetzen, weil sie den russischen Präsidenten Putin mit Hitler und Stalin verglich. Die Grüne Jugend forderte daraufhin völlig zu Recht ihren Rücktritt. Auch innerhalb der CDU stieß die Äußerung auf Kritik. Der stellvertretende Bundesvorsitzende, Armin Laschet, wies den Vergleich zurück. Ich hätte mir gewünscht, dass auch der andere stellvertretende Bundesvorsitzende, nämlich der Landesvorsitzende Volker Bouffier, diesen Vergleich zurückgewiesen hätte, der aus seinem eigenen Landesverband kommt, und nicht nur Armin Laschet.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Als das Bundesverfassungsgericht die Gleichstellung und die Rechte der Homosexuellen stärkte, kommentierte Frau Steinbach das Urteil mit den Worten: Wer schützt eigentlich unsere Verfassung vor den Verfassungsrichtern? Die Frage müsste wohl eher lauten: Wer schützt die Verfassung vor Frau Steinbach? Sie spricht so und tut das als menschenrechtspolitische Sprecherin der CDU-Bundestagsfraktion. Sie redet über Menschenrechte, aber will den Homosexuellen in Deutschland die gleichen Rechte verwehren. Dabei bezieht sie sich auf angebliche Vorbehalte in der Gesellschaft, die sie selbst schürt. Diese Vorurteile sind nirgendwo so ausgeprägt wie in ihren eigenen Reihen. In Wahrheit ist die Gesellschaft doch viel weiter, und es darf nicht sein, dass Menschen wie Frau Steinbach auf Kosten der Homosexuellen Stimmung machen und sich profilieren.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Hessische Rundfunk fragte den Landesvorsitzenden der GRÜNEN in einem Interview zu Herrn Irmer und Frau Steinbach, ob er sich nicht klare Worte des CDU-Landesvorsitzenden Bouffier zu deren Aussagen wünsche. Daraufhin antwortete Herr Klose – ich zitiere –: „Wir haben bisher keinen Zweifel daran, dass diese abseitigen Meinungsäußerungen, die es von einigen gibt, auch von der CDU-Spitze kritisch gesehen werden. Da fehlt es auch nicht an Deutlichkeit.“ - Davon höre ich nichts. – „Diese Koalition wird aber von den Landes- und Fraktionsvorständen und den Regierungsmitgliedern geführt. Weder Herr Irmer noch Frau Steinbach gehören der entscheidenden Koalitionsrunde an. In der täglichen Auseinandersetzung haben sie keine größere Bedeutung.“

Herr Klose, meiner Kenntnis nach ist Herr Irmer immer noch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU. Er gehört also dem Fraktionsvorstand an. Er ist bildungspolitischer Sprecher der CDU. Sie sagen, Herr Irmer sei völlig irrelevant. Es wäre schön, wenn er irrelevant wäre. Aber ich befürchte, das ist eine ziemliche Verharmlosung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD – Zuruf von der SPD: Der Fraktionsvorstand der CDU ist irrelevant!)

Wenn die Mitglieder der CDU die Auffassungen des Herrn Irmer und der Frau Steinbach so abseitig finden würden, wie die GRÜNEN versuchen, sich das einzureden, dann stellt sich schon die Frage: Warum stellen Sie genau diese Leute immer wieder zur Wahl auf und lassen sie angesichts des Zeuges, das sie von sich geben, gewähren?

(Beifall der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Deswegen sage ich: Wenn man solche Menschen in Parlamente entsendet und sie gewähren lässt, dann ist das Kalkül. Das sind keine Aussetzer oder Ausfälle, das ist bewusstes Fischen am rechten Rand. Die CDU steht in dieser Tradition. Sie führte mehrfach fremdenfeindliche Wahlkämpfe. Sie machte Stimmung auf Kosten der Migranten. Viele von denen, die das zu verantworten haben, sitzen heute noch in der CDU-Fraktion oder wie Herr Bouffier auf der Regierungsbank.

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vizepräsident Frank Lortz: Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Janine Wissler (DIE LINKE): Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Meine Damen und Herren, es ist notwendig, dass der Landtag solche Äußerungen entschieden zurückweist. Rechtspopulisten haben in Deutschland derzeit Zulauf. Das beklagen wir alle. Wir müssen uns rechtspopulistischen und rassistischen Äußerungen entgegenstellen, ob sie nun von Rechtsaußen kommen oder aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)