Fraport-Rabattprogramm bringt mehr Lärm

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Für die Befürworter des Flughafenausbaus war die angeblich stetig steigende Verkehrsnachfrage das zentrale Argument für den Flughafenausbau. Deshalb bräuchte man eine weitere Landebahn und das dritte Terminal. Dahinter müssten die Interessen der Menschen, die unter dem Lärmteppich leiden, zurückstecken.

 

Wenn man jetzt aber einen Blick in die Statistik der Flugbewegungen wirft, dann zeigt sich, dass die Zahl der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen zwischen 2004 und 2012 nur um etwa 1 % zugenommen hat und derzeit sogar rückläufig ist. Mit dem bestehenden Drei-Bahnen-System, das wir vor dem Bau der Nordwestlandebahn hatten, hätten 520.000 Flugbewegungen pro Jahr bewältigt werden können. Diese Zahl ist heute noch lange nicht erreicht. Das zeigt, dass es überhaupt keinen Bedarf für die Nordwestlandebahn gab und dass alle Prognosen Lug und Trug waren.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Durch den Flughafenausbau sind jetzt trotz einer sinkenden Zahl an Flugbewegungen mehr Menschen von Lärm betroffen – was für ein Irrsinn. Wir haben immer gesagt, dass die prognostizierten Steigerungen weder realistisch noch gar erstrebenswert sind; denn die Grenzen der Belastbarkeit am Flughafen sind lange überschritten. Aber statt einzugestehen, dass die Prognosen falsch und die Zahlen geschönt waren, und den Bau des Terminals 3 endlich abzublasen, hat Fraport nun ein Anreizprogramm aufgelegt, um die Nachfrage anzukurbeln. Damit demonstriert Fraport einmal mehr, wie gleichgültig ihr der Lärmschutz und die Gesundheit der Menschen in der Region sind. Im November 2013 wurde beim hessischen Verkehrsministerium eine Änderung der Entgeltordnung beantragt.

 

Mit dem Programm „FRA Connect“ versucht die Fraport, zusätzliche Auslastungen zu erzeugen, indem sie Fluggesellschaften Geld für zusätzlichen Flugverkehr verspricht. Ich bin gespannt, ob sich Fraport auch noch ein Programm ausdenkt, um die prognostizierte Zahl der zusätzlichen Arbeitsplätze zu erreichen, die angeblich durch die neue Landebahn entstehen sollten.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Durch dieses Rabattprogramm soll mehr Flugverkehr – und damit mehr Lärm – erreicht werden. Es differenziert nicht einmal danach, ob der Verkehrszuwachs am Tag oder in der Nacht stattfindet; denn auch zusätzlicher Flugverkehr in den Nachtrandstunden, also zwischen 22 und 23 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr, soll gefördert werden. Dieses Rabattprogramm konterkariert die ohnehin spärlichen Bemühungen im bestehenden Entgeltsystem, Anreize für weniger Lärm zu schaffen. Das hat selbst die schwarzgelbe Landesregierung beim sogenannten Lärmgipfel als öffentliches Interesse eindeutig formuliert. Nach Angaben der Fraport werde der Rabatt zwar nur gewährt, wenn es angeblich lärmarme Flugzeuge sind, die dort zum Einsatz kommen. Aber wenn man sich die Liste der Flugzeugtypen anschaut, die laut Fraport für das Programm infrage kommen, dann kommen da doch Zweifel auf.

 

Ich darf die Rechtsanwältin des Landkreises Groß-Gerau, Frau Philipp-Gerlach, zitieren, die in ihrer Stellungnahme zu Recht schreibt: Ein leises Fluggerät gibt es nicht. Nutznießer dieses Programms ist in erster Linie die Lufthansa, weil 60 % des Bewegungsaufkommens am Frankfurter Flughafen auf die Lufthansa zurückgehen. Zudem dienen die Entgelte der Finanzierung der passiven Schallschutzmaßnahmen. Das heißt also, die Mittel für den passiven Schallschutz könnten durch das Rabattprogramm verringert werden. Dieses Programm liegt sicherlich nicht im öffentlichen Interesse. Trotzdem wurde es vom damaligen Minister Rentsch genehmigt und trat zum 1. Januar 2014 in Kraft. Wir halten diese Entscheidung auch aufgrund der nicht eingehaltenen Fristen für rechtswidrig. Der Ablauf widerspricht eindeutig den Vorgaben des Luftverkehrsgesetzes. Hier wurden einmal mehr Fristen übergangen, um wieder im Hauruckverfahren den Wünschen der Fraport nachzukommen. Daran gibt es zu Recht breite Kritik.

 

Die Fluglärmkommission hat darüber beraten. Sie lehnt die Änderung ab, weil damit zusätzliche Flugbewegungen und mehr Lärm zu befürchten seien. Auch die Städte Frankfurt, Hochheim, Rüsselsheim, Darmstadt, Wiesbaden und Mainz sowie der Landkreis Groß-Gerau haben sich alle eindeutig gegen das Rabattprogramm ausgesprochen. Im Kreistag des Main- Taunus-Kreises wurde letzte Woche auf Antrag der SPD der Beschluss gefasst, Herrn Minister Al-Wazir aufzufordern, die genehmigte Entgeltordnung zu widerrufen. Nun haben wir bekanntermaßen zumindest in Teilen eine neue Landesregierung. Wir haben einen grünen Verkehrsminister. Die GRÜNEN haben im Wahlkampf mehr Lärmschutz versprochen. Ich finde, das wäre wirklich einmal eine Gelegenheit, zu zeigen, dass Sie dieses Versprechen noch ernst nehmen und dass Ihnen die Menschen in der Region wichtiger sind als die Harmonie in der Koalition.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Die Genehmigung kann aus formalen und aus inhaltlichen Gründen widerrufen werden. Deswegen fordern wir Herrn Minister Al-Wazir auf, zu handeln und die Genehmigung zurückzuziehen.

 

(Beifall der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

 

Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Mit dem Rabattprogramm wird kein neuer Flugverkehr geschaffen. Mit diesen fragwürdigen Sonderangeboten wird noch mehr Flugverkehr nach Frankfurt verlagert. Es wird damit noch mehr Lärm und Schadstoffemissionen geben. Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht. Deshalb fordern wir: Die neue Landebahn muss stillgelegt werden. Wir brauchen kein Terminal 3. Wir wünschen den Bürgerinitiativen alles Gute und vor allem viel Ausdauer im Kampf gegen den Fluglärm.

 

(Beifall bei der LINKEN)