Schwarz-grün verbindet der Wille zur Macht

Rede zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Herr Ministerpräsident, man muss es erst einmal schaffen, so lange zu reden und dabei so wenig zu sagen.

 

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

 

Aber das passt zum schwarz-grünen Koalitionsvertrag: Viele drängende Themen werden vertagt, weil man sich nicht einigen konnte. Es ist ein Koalitionsvertrag im Konjunktiv. Etwa 50-mal kommt das Wort „prüfen“ vor. Es sollen Kommissionen ernannt, Konvente berufen und Gipfel abgehalten werden. Es soll einen runden Tisch zur Kinderbetreuung, einen Bildungsgipfel, einen Verfassungskonvent, eine Kommission „Hessen hat Familiensinn“, wie wir heute gehört haben, und einen Verkehrsgipfel geben.

 

Herr Ministerpräsident, nach den Erfahrungen mit dem Energiegipfel sage ich Ihnen jetzt schon: An Alibiveranstaltungen, die einzig dazu dienen, der Landesregierung das Mäntelchen der Partizipation und der Dialogfähigkeit umzuhängen, werden wir uns nicht beteiligen.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Das wird alles Geld kosten. Vor allem wird es auch Lebenszeit kosten, ähnlich wie es im Übrigen bei überlangen, nichtssagenden Regierungserklärungen der Fall ist. Nun gibt es in Hessen die erste schwarz-grüne Landesregierung in einem Flächenland. Herr Al-Wazir, dazu muss ich schon sagen: Es ist ein Treppenwitz, dass Sie landauf, landab im Wahlkampf erklärt haben: Wer DIE LINKE wählt, wacht mit Bouffier auf. – Jetzt sind Sie es, jetzt sind es die GRÜNEN, die sich in Hessen zum Steigbügelhalter für Bouffier und die hessische CDU gemacht haben. Am 18. Januar 2013 haben die GRÜNEN Volker Bouffier zum Rücktritt aufgefordert. Am 18. Januar 2014 haben sie ihn zum Ministerpräsidenten gewählt. Ich glaube, das nennt man ein Rückgrat wie Wackelpudding.

 

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Lothar Quanz (SPD) und Florian Rentsch (FDP))

 

Das geschieht ausgerechnet in Hessen. Die hessische CDU steht für Skandale, schwarze Kassen und ausländerfeindliche Wahlkämpfe.

 

(Holger Bellino (CDU): Wo denn?)

 

Vor der Wahl nannte Tarek Al-Wazir den Ministerpräsidenten einen „Rechtspopulisten“. Er nannte ihn einen „Rechtspopulisten“. Herr Al-Wazir, jetzt stellt sich die Frage: Gilt das, was Sie vor der Wahl gesagt haben, nach der Wahl nicht mehr, oder regieren Sie jetzt mit jemandem, den Sie für einen Rechtspopulisten halten? – Diese Frage stellt sich nämlich.

 

Im Wahlprogramm der GRÜNEN ist nachzulesen – ich zitiere –: 15 Jahre schwarz-gelbe Politik haben Hessen zur Beute von CDU und FDP werden lassen. Aber anstatt der CDU diese Beute zu entreißen, um das einmal mit Ihren Worten zu sagen, gründen Sie jetzt einfach eine neue Beutegemeinschaft. Nichts anderes haben Sie mit diesem Koalitionsvertrag getan.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Elfmal kann man im Wahlprogramm der GRÜNEN nachlesen, die CDU-geführte Landesregierung sei „erschöpft und verbraucht“. Nun verstehen sich die GRÜNEN offensichtlich als Frischzellenkur, um die müden Christdemokraten in Hessen wieder etwas munterer zu machen. Oder wie sollen wir das verstehen? Durch diese erste schwarz-grüne Koalition gibt es für den Ministerpräsidenten die Möglichkeit, sich in die Geschichtsbücher einzutragen, ohne dass er dafür irgendwelche eigenen Ideen oder gar Zukunftskonzepte entwickeln müsste.

 

Meine Damen und Herren, allein in der letzten Wahlperiode gab es drei Untersuchungsausschüsse. Jetzt dürfen die Verantwortlichen für all diese Skandale dank der GRÜNEN einfach weiterregieren. Denn die Skandaltruppe der letzten Jahre gehört größtenteils auch dem neuen Kabinett wieder an: Boris Rhein, der als Innenminister für rechtswidrige Personalentscheidungen und für die Aushöhlung des Demonstrationsrechts bei Blockupy verantwortlich war, ist jetzt Wissenschaftsminister. Was ihn dafür qualifiziert, bleibt das Geheimnis des Ministerpräsidenten. Ich bin der Meinung, dass die Wissenschaftspolitik und die Hochschulen in diesem Land viel zu wichtig sind, um in Ungnade gefallene Minister zwecks Degradierung dahin abzuschieben. Das haben die hessischen Hochschulen wirklich nicht verdient.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Die bisherige Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann darf jetzt als Justizministerin weiter vor sich hinstümpern. Die bisherige Umweltministerin, die zu verantworten hat, dass die Abschaltung des Atomkraftwerks in Biblis so stümperhaft vollzogen wurde, dass RWE jetzt Schadenersatz in Millionenhöhe vom Land einklagen kann, darf Hessen zukünftig im Bund und in Europa vertreten. Am 28. Februar letzten Jahres – Herr Wagner, das ist nicht mal ein Jahr her – haben die GRÜNEN Frau Puttrich mit einem Antrag zum Rücktritt aufgefordert. Jetzt sitzt man gemeinsam am Kabinettstisch. Ich finde es schon bemerkenswert, wie zwei Plätze auf der Regierungsbank ein derart beschädigtes Vertrauensverhältnis so schnell wieder kitten können.

 

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

 

Ich halte es für ein Armutszeugnis – das ist bereits angesprochen worden –, dass von 22 Regierungsmitgliedern nur fünf weiblich sind. Vor allem, wenn man noch in den Koalitionsvertrag schreibt, dass man mehr Frauen in Führungspositionen will, sollte man wenigstens mit gutem Beispiel vorangehen und dieses Vorhaben nicht schon mit der ersten Entscheidung konterkarieren.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Das neue Kabinett ist größtenteils das alte, und das ist seitens der CDU auch nur konsequent. Denn wenn sich an der Politik nur wenig ändert, dann muss man auch das Personal nicht austauschen. Wer sich den Koalitionsvertrag anschaut, stellt fest, dass es an vielen Stellen eine Fortsetzung der bisherigen schwarz-gelben Politik gibt.

 

(Ministerpräsident Volker Bouffier führt ein Gespräch.)

 

Herr Ministerpräsident, ich finde es langsam etwas störend. Wer selbst eineinhalb Stunden redet, der muss am Ende auch fünf Stunden zuhören; das haben Sie jetzt davon. Reden Sie nicht so lange, dann brauchen Sie danach auch nicht so lange zuzuhören.

 

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Wer nur Worthülsen von sich gibt!) – Herr Klein, das ist eine sehr mutige Aussage nach der Regierungserklärung. (Willi van Ooyen (DIE LINKE), zu Abg. Hugo Klein (Freigericht) (CDU) gewandt: Dafür kriegen Sie noch Prügel!)

 

Dass von diesem Koalitionsvertrag keine Veränderung zu erwarten ist, das zeigt sich schon am Titel, den der Koalitionsvertrag trägt: „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“. Von Veränderung oder gar von Politikwechsel, den die GRÜNEN vor der Wahl angekündigt haben, überhaupt keine Spur. Perspektiven zu eröffnen, das heißt nicht einmal, etwas zu verändern. Das heißt gerade mal, dass man vielleicht eruiert, ob irgendwann vielleicht einmal irgendetwas geändert werden könnte. Ich finde, das hat Jens Schneider in einem Kommentar in der „Süddeutschen“ sehr gut auf den Punkt gebracht. Er schreibt, die Beschlüsse von Schwarz-Grün seien „erbärmlich“, und das Einzige, was sich verändert habe, seien die GRÜNEN selbst. Sie würden sich die CDU schönreden, „ausgerechnet die männerbündisch verschlossene, biedere hessische Union“. Die GRÜNEN hätten sich politisch selbst entkernt und stünden „als Karikatur dessen da, was diese Partei einmal ausmachte und wofür sie einst gegründet wurde“.

 

(Minister Tarek Al-Wazir: Der wurde vor dem Koalitionsvertrag geschrieben!)

 

Er kommt zu dem Schluss: Für ein paar Krümel Verbesserung braucht man die GRÜNEN nicht; das kann die CDU alleine. Die GRÜNEN haben sich zum Ornament für den modernen bürgerlichen Lebensstil reduziert. … All jene, die sich gegen den Lauf der Dinge stellen wollen, werden sich neue Ansprechpartner suchen müssen, ob es nun um den Flughafen geht oder um die Energiewende. Ich finde, treffender kann man das kaum ausdrücken.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Tarek Al-Wazir hat in einem Interview gesagt, es werde sich zeigen, ob die hessischen GRÜNEN als Helden oder als Deppen in die Geschichte eingehen. Herr Minister, ich sage ganz ehrlich: Wir haben dazu bereits eine Arbeitshypothese.

 

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

 

Herr Ministerpräsident, statt konkrete Vorhaben zu präsentieren, haben Sie an vielen Stellen wieder Schönfärberei betrieben. Ihre Botschaft ist: Hessen ist ein starkes Land, Hessen geht es gut, alles ist in Butter. – Das stimmt, allerdings nur für einen Teil von Hessen. Das blendet die Lebensrealität vieler Menschen in diesem Land völlig aus. Herr Ministerpräsident, wenn Sie über die niedrige Erwerbslosenquote reden und diese bejubeln, dann sollten Sie hinzufügen, dass über 300.000 Menschen in diesem Land zu Niedriglöhnen arbeiten, dass mittlerweile jede dritte Frau im Niedriglohnsektor beschäftigt ist, dass immer mehr Menschen trotz Vollzeitjob gezwungen sind, ihre niedrigen Einkommen aufzustocken, dass prekäre Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, Minijobs, Midijobs immer stärker um sich greifen.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist falsch, weniger!)

 

Laut einer Studie lebt jedes fünfte Kind in Hessen in Armut, und damit liegt Hessen über dem Durchschnitt der westdeutschen Länder. Das hat natürlich auch etwas mit der Deregulierung des Arbeitsmarktes zu tun und damit, dass die regulären Beschäftigungsverhältnisse immer weiter verdrängt werden. Es gibt das wachsende Problem der Altersarmut in Hessen. Sie reden überhaupt nicht darüber, dass viele Menschen von ihrer Rente nicht mehr leben können. Im Koalitionsvertrag finden sich, wenn überhaupt, nur sehr vage Aussagen zum Thema gute Arbeit. Es ist richtig, es wird ein Tariftreue- und Vergabegesetz angekündigt. Aber es gibt eben keine klaren Eckpunkte dafür, und vor allem fehlt eine verbindliche Aussage für die Einführung eines vergabespezifischen Mindestlohns völlig. Herr Wagner, das kommt im Koalitionsvertrag leider nicht vor.

 

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo wird der auf Landesebene geregelt?)

 

Ich zeige Ihnen noch einmal die Gesetzentwürfe, die wir in den letzten Jahren diskutiert haben, und wie Sie da gestimmt haben. Wir als LINKE sind der Meinung, dass Unternehmen, die nicht ausbilden, die Lohndumping betreiben und Umweltstandards unterlaufen, nicht noch durch öffentliche Aufträge belohnt werden dürfen. Deswegen brauchen wir ein vernünftiges Tariftreue- und Vergabegesetz. Herr Wagner, natürlich kann man darin einen vergabespezifischen Mindestlohn festlegen. Das haben mittlerweile ganz viele Bundesländer gemacht, sogar Bundesländer, in denen Sie regieren.

 

(Beifall bei der LINKEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bundeseinheitlich!)

 

Der DGB bezeichnet den Koalitionsvertrag als „sehr enttäuschend“. Wörtlich: Insgesamt vermittelt der Koalitionsvertrag den Eindruck, dass die Interessen der abhängig Beschäftigten für Schwarz-Grün keine große Bedeutung haben. Man kann sagen, das gilt ganz besonders für die Landesbeschäftigten. Denn im öffentlichen Dienst wird es massive Verschlechterungen geben, 3.000 bis 4.000 Stellen sollen gestrichen werden. Da frage ich: Herr Ministerpräsident, was sagt das eigentlich über Ihre Wertschätzung gegenüber der Landesverwaltung aus? Da helfen auch die warmen Worte in einer Regierungserklärung nicht, dass Sie die Landesverwaltung schätzen, dass Sie der Polizei sagen, dass sie einen tollen Job macht, wenn Sie gleichzeitig erklären, dass Tausende von ihnen verzichtbar sind, und dann noch bei ihren Gehältern sparen wollen. Da helfen keine warmen Worte, wenn Sie so eine Politik gegen die Beschäftigten des Landes machen. Die Beamten müssen faktisch eine Reallohnsenkung hinnehmen. Auch die Reduzierung der 42-Stunden-Woche auf 41 Stunden ist eine Mogelpackung, weil es überhaupt keinen Personalausgleich gibt. Das heißt, es läuft auf eine Verdichtung der Arbeit hinaus. Ich halte es schon für einen Skandal, dass das Land Hessen auch unter Schwarz-Grün nicht in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder zurückkehrt,

 

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Turgut Yüksel (SPD))

 

und das, obwohl die GRÜNEN das im Wahlprogramm ausdrücklich gefordert haben. Das ist Politik nach Gutsherrenart. Statt weiterer Kürzungen im Bereich der Landesbeschäftigten fordern wir die Rückkehr des Landes in die TdL, und wir fordern die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte im öffentlichen Dienst. Die sind in den letzten Jahren immer weiter abgebaut worden, und dazu findet sich wirklich kein Wort in diesem ganzen Koalitionsvertrag. Meine Damen und Herren, eine Haushaltssanierung auf Kosten der Beschäftigten lehnen wir ab. Die öffentlichen Haushalte sind durch die Steuersenkungen seit 1999, die vor allem den reichen Haushalten und den Unternehmen zugutegekommen sind, völlig unterfinanziert. Dabei gibt es genug Geld in diesem Land. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Erhöhung der Erbschaftsteuer zu Mehreinnahmen von 1,9 Milliarden € in Hessen führen würden. Auf dieses Geld verzichten wir, um die Reichen zu schützen. Das halte ich für ein riesiges Problem.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Dabei würde die Vermögensteuer überhaupt niemandem wehtun, auch das muss man ganz klar sagen. Die hohen Vermögen sind in den letzten Jahren um 8 bis 10 % gestiegen – jährlich, Herr Boddenberg.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Meines nicht! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie sind der Leidtragende, Herr Boddenberg!)

 

Damit würde die Wiedereinführung einer Vermögensteuer von 1 %, wie wir fordern, nicht zu einem Schrumpfen von Vermögen führen. Das würde nicht einmal dazu führen, dass Vermögen nicht weiter anwachsen würden. Es würde lediglich dazu führen, dass Vermögen langsamer wachsen würden. Deswegen sind wir der Meinung, wir müssen dringend etwas auf der Einnahmeseite machen; und da macht Schwarz-Grün fast nichts. Dabei waren es doch die GRÜNEN, die vor der Wahl erklärt haben, man könne die Schuldenbremse gar nicht einhalten, wenn es keine Einnahmeerhöhung gebe; 1 Milliarde € ließen sich nicht aus dem Haushalt wegkürzen. – Das ist vollkommen richtig. Aber anstatt sich auf der Bundesebene für höhere Einnahmen einzusetzen, wurde eine gerechte Steuerpolitik verhindert. – Herr Wagner, natürlich war der Ministerpräsident maßgeblich daran beteiligt, dass es eben keine Umverteilung von Reichtum gibt, die wir so dringend bräuchten.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Deshalb heißt es jetzt: kürzen, kürzen, kürzen, vor allem auf Kosten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, durch Arbeitsplatzabbau, durch Arbeitsverdichtungen und Reallohnverluste. Genau davor haben der DGB, die Sozialverbände und DIE LINKE bei der Einführung der Schuldenbremse gewarnt. Herr Ministerpräsident, Sie sprechen immer gern von Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen. Aber es ist doch nicht im Sinne von kommenden Generationen, dass wir ihnen eine völlig marode Infrastruktur hinterlassen. Wir sollten auch nicht vergessen, dass Schulden und Reichtum zwei Seiten einer Medaille sind. Deswegen handelt es sich hier mitnichten um einen Generationenkonflikt, wie es gerne dargestellt wird, sondern es geht um einen Verteilungskonflikt. Die Grenze verläuft nicht zwischen Jung und Alt, dieser Generation und der nächsten, sondern zwischen oben und unten. Es gibt eine zutiefst ungerechte Verteilung von Reichtum in der Gesellschaft.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Nun haben die GRÜNEN erreicht – das will ich ausdrücklich zugestehen –, dass im Sozialbereich 18 Millionen € mehr zur Verfügung stehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, ebenso die Verdoppelung der Mittel für die Soziokultur. Aber anstatt dass Sie sich dafür loben, dass jetzt Schuldnerberatungen, Frauenhäuser und andere soziale Einrichtungen stärker unterstützt werden, sollten Sie sich lieber dafür entschuldigen, dass Sie genau diese Einrichtungen mit den Kürzungen im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ in größte Existenznot gebracht haben, Herr Ministerpräsident.

 

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das ist wohl wahr!)

 

Nicht alle Einrichtungen haben die Kürzungen überlebt. Wir brauchen eine bessere Ausstattung der Kommunen. Leere Kassen und der sogenannte Kommunale Schutzschirm gefährden die kommunale Selbstverwaltung und demokratische Entscheidungsprozesse. Der Privatisierungsdruck ist enorm, gerade im Bereich der kommunalen Krankenhäuser. Wir wollen die kommunale Infrastruktur in der öffentlichen Hand halten. Wenn wir die kommunale Infrastruktur stärken und erhalten wollen, brauchen die Kommunen eine vernünftige Finanzausstattung und keine Gängelung der Landesregierung, so wie wir es in den letzten Jahren erlebt haben.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Im Bildungsbereich haben die GRÜNEN an einer Stelle etwas wirklich Sinnvolles durchgesetzt: Das völlig unnütze Landesschulamt, das Schwarz-Gelb geschaffen hatte, wird wieder abgewickelt. Das begrüßen wir. Zudem hat Schwarz-Grün jetzt angekündigt, dass es keinen Personalabbau bei den Lehrerinnen und Lehrern geben wird. – Herr Ministerpräsident, an dieser Ankündigung werden wir Ihre Regierung messen, und wir werden Sie notfalls auch daran erinnern. Dessen können Sie gewiss sein. Ansonsten sind die Vereinbarungen der Koalition im Bereich der Bildung doch ziemlich erbärmlich. Anstatt die gescheiterte G-8-Reform vollständig zurückzunehmen, doktern Sie halbherzig daran herum. Erhöhter Lerndruck, übermäßiger Stress, mangelnde Freizeit – das waren für viele Jugendliche die Folgen von G 8. Die Einzigen, die von der Reform profitiert haben, waren die Anbieter von privatem Nachhilfeunterricht, meine Damen und Herren. Die haben durch die Einführung der völlig vermurksten Reform wirklich ein gutes Geschäft gemacht. Wir sind froh, dass vielen zukünftigen Schülerinnen und Schülern G 8 erspart bleibt. Aber auch hier wäre es Zeit, dass sich die CDU endlich bei einer ganzen Generation von Schülern entschuldigt, die G 8 durchmachen mussten und erlitten haben. Auch dafür müssten Sie sich entschuldigen.

 

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ulrike Alex (SPD) – Hermann Schaus (DIE LINKE): Und bei den Eltern!)

 

Wenn ich die ganze Liste der letzten 15 Jahre aufzählen sollte, für die sich die CDU entschuldigen müsste, dann bräuchte ich fast noch länger, als ich Redezeit habe. Deswegen beschränke ich mich auf eine Auswahl.

 

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Auf nach Canossa!)

 

Herr Ministerpräsident, Sie sprechen davon, dass die Schulkämpfe ad acta gelegt werden sollen; dabei haben Sie selbst einer Regierung angehört, die mit der Durchsetzung von G 8 gegen alle Warnungen und Widerstände den größten Schulkampf überhaupt ausgelöst hat. Auch mit der Wahlfreiheit sind die Probleme nicht gelöst, sondern Sie schieben die Verantwortung erst einmal schön an die Schulen ab. Die sollen sich damit herumärgern. Vielerorts gibt es auch überhaupt keine Wahlfreiheit. Deshalb sind wir nach wie vor der Meinung, dass die beste Konsequenz wäre, den ganzen G-8-Murks vollständig zurückzunehmen.

 

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Ulrike Alex (SPD))

 

Der Ausbau der Ganztagsschulen ist sicher eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre. Gerade im Grundschulbereich gibt es viel zu wenige Angebote. Aber die sogenannte Bildungs- und Betreuungsgarantie von Schwarz- Grün ist eine Mogelpackung. Bis 14:30 Uhr will das Land für Betreuung sorgen, der Rest soll maßgeblich von Eltern und den ohnehin unterfinanzierten Kommunen bezahlt werden. Meine Damen und Herren, wenn für Ganztagsschulen am Ende Schulgeld fällig wird, was die Hessische Verfassung übrigens ausschließt, dann wird das die soziale Ungleichheit im Bildungssystem noch verschärfen.

 

Wir befürchten zudem, dass das Ganztagsschulprogramm im Grundschulbereich, so wie es jetzt angelegt ist, zulasten der Ganztagsangebote bei den weiterführenden Schulen geht. Ein Ausbau von gebunden Ganztagsschulen, der eigentlich notwendig wäre, ist laut Koalitionsvertrag überhaupt nicht erst geplant. Wir sind der Meinung: Zur Umsetzung der Inklusion muss es endlich einen konkreten Fahrplan geben. Auch das fehlt bisher.

 

Und ich will noch eines erwähnen: Wir wollen nicht, dass man die Schulen in vielen Städten daran erkennt, dass sie die heruntergekommensten Gebäude der Stadt sind. Wir leben in einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt. Da muss es möglich sein, dass sich Kinder an dem Ort, an dem sie sich tagtäglich aufhalten, auch wohlfühlen. Da darf es nicht sein, dass die Toiletten verrotten und der Putz von der Decke bröckelt. Die Finanzsituation der Kommunen ist mehr als angespannt. Auch wenn die Kommunen Schulträger sind, darf sich das Land nicht aus der Verantwortung stehlen. Natürlich ist es möglich – das gab es in der Vergangenheit –, dafür Sonderinvestitionsprogramme aufzulegen. Wir brauchen gut ausgestattete Schulen. Auch hier hat das Land eine Verantwortung.

 

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

 

Als LINKE kritisieren wir das mehrgliedrige Schulsystem grundsätzlich, weil es sozial ungerecht ist. Kinder aus armen Familien und Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund werden durch die frühe Auslese nach der 4. Klasse systematisch benachteiligt. An dieser sozialen Ungerechtigkeit im Bildungssystem ändert der Koalitionsvertrag leider gar nichts. Auch Showveranstaltungen wie ein Bildungsgipfel werden nicht helfen, wenn die Landesregierung nicht bereit ist, ein Schulsystem, das aus der Kaiserzeit stammt, grundsätzlich infrage zu stellen.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Die GRÜNEN sprechen von Schulfrieden. Ich sage für uns: Wir werden keinen Frieden mit einem Schulsystem machen, das auf sozialer Auslese beruht und in dem der Bildungserfolg so stark von der Herkunft abhängig ist wie in keinem anderen Industrieland, meine Damen und Herren.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Du liebe Zeit!)

 

Wir wollen eine Bildungspolitik, die Bildung als ein Menschenrecht begreift, nicht abhängig vom Geldbeutel der Eltern, und wir wollen eine demokratische Schule. Wir lehnen die zunehmende Ökonomisierung von Schule und Bildung ab.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Ach du liebe Zeit!)

 

Bildungseinrichtungen müssen dem Frieden dienen. Auch dazu habe ich im Koalitionsvertrag leider nichts gefunden. Wir sind der Meinung, dass die Bundeswehr an Schulen nichts zu suchen hat und die Kooperationsvereinbarung zwischen Kultusministerium und Bundeswehr aufgelöst werden muss. Wir freuen uns sehr, dass es immer mehr Schulen gibt, die sich zur bundeswehrfreien Zone erklären. Wir sind der Meinung, dass auch die Hochschulen dem Frieden verpflichtet sind. Deswegen wollen wir ein Verbot von Rüstungsforschung an den Hochschulen und die Verankerung von Zivilklauseln – leider auch dazu nichts im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung.

 

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Sie haben so Ihre ganz eigene Welt! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Nein, Frankfurt und Kassel sind so weit!)

 

Herr Boddenberg, ich glaube, bei mir ist es nicht so lange her, dass ich an der Hochschule war, wie bei Ihnen. Aber darüber wollen wir jetzt nicht diskutieren.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Sie waren ja lange genug da!)

 

In ihrem Wahlprogramm hatten die GRÜNEN angekündigt, 10.000 zusätzliche Studienplätze für Studienanfänger schaffen zu wollen. Davon ist im Koalitionsvertrag nicht mehr die Rede. Dabei sind die Hochschulen chronisch unterfinanziert und angesichts der Rekordzahl von Studienanfängern vielerorts jenseits der Grenzen ihrer Belastbarkeit. Im Koalitionsvertrag steht zwar, dass die schwarz-grüne Landesregierung die Absolventenquote steigern will, aber darin steht nicht, wie sie das machen will.

 

Meine Damen und Herren, wer die Hochschulen finanziell nicht gut ausstattet und nicht dafür sorgt, dass sie ausreichend Studienplätze schaffen können, der raubt Tausenden jungen Menschen das Recht auf ein Studium. Das trifft wieder vor allem diejenigen, die es im deutschen Bildungssystem ohnehin schwer genug haben. Das verschärft die soziale Auslese noch. Auch das geforderte Sofortprogramm für mehr studentischen Wohnraum aus dem grünen Wahlprogramm wird es nicht geben. Es ist im Koalitionsvertrag nicht zu finden. Die Eindämmung der zunehmenden Zahl von prekären Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen soll jetzt den Hochschulen selbst überlassen werden.

 

Zum eingestürzten Leuchtturm des privatisierten Universitätsklinikums Gießen und Marburg haben Sie heute leider gar nichts gesagt, Herr Ministerpräsident. Ich glaube, nicht nur die Menschen in der Region, sondern auch die Beschäftigten würde sehr interessieren, was ihre Landesregierung hier zu tun gedenkt.

 

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das Beste, was er tun konnte, war, zu schweigen!)

 

Der neue Wissenschaftsminister dürfte bei den Studierenden und Lehrenden wenig Begeisterung auslösen. Ich habe gelesen, bei seinem Antrittsbesuch an der Frankfurter Universität wurde er schon entsprechend begrüßt – keine fünf Tage im Amt und schon die erste Protestaktion gegen sich.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Da waren Sie wahrscheinlich dabei!)

 

Ich glaube, das hat nicht einmal Frau Kühne-Hörmann geschafft, und die war schon ziemlich unbeliebt. Einem Wissenschaftsminister, der in seiner Zeit als Innenminister für eine autoritäre Law-and-Order-Politik stand, der einen gewaltsamen Polizeieinsatz bei Blockupy zu verantworten hat, trauen viele Studierende zu Recht nicht zu, dass er allzu viel Gespür für freie und emanzipatorische Bildung hat.

 

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans- Jürgen Irmer (CDU))

 

Auch in der frühkindlichen Bildung wird schwarz-gelbe Politik fortgesetzt. 140.000 Unterschriften wurden gegen das sogenannte Kinderförderungsgesetz gesammelt: eine breit getragene Kritik von Eltern, Initiativen, Verbänden und Gewerkschaften – aber Schwarz-Grün kommt ihr nicht nach. Im Gegenteil, Schwarz-Grün will jetzt erst einmal ausprobieren, ob die Kopfpauschale an den Kitas nutzt oder ob sie schadet.

 

Vor der Wahl klang das bei den GRÜNEN noch so: „Der Gesetzentwurf ist Ausdruck einer verbrauchten und erschöpften Landesregierung“. „Die Verabschiedung des Kinderförderungsgesetzes zeigt …, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die berechtigte Kritik an diesem Gesetz nicht verstanden hat.“ Statt aber der CDU diese Kritik einmal zu erklären, bleibt das Gesetz jetzt erst einmal so, wie es ist. Sie haben geschrieben: „Wir brauchen ein zukunftsfähiges Haus für die Kinderbetreuung – CDU und FDP liefern aber nur eine windschiefe Gartenlaube.“ Das hat Herr Bocklet vor der Wahl erklärt. Offenbar ist aber diese „windschiefe Gartenlaube“, von Ministersesseln aus betrachtet, für die GRÜNEN um einiges erträglicher als vorher.

 

Meine Damen und Herren, für uns gilt das, was wir vor der Wahl gesagt haben. Wir unterstützen die Forderungen der Beschäftigten, der Eltern und der Gewerkschaft ver.di. Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung für gut ausgebildetes Fachpersonal und ausreichend Zeiten für die Vorund Nachbereitung, Elterngespräche, Fortbildung und kleinere Gruppen. Deswegen sagen wir: Dieses KiföG darf nicht umgesetzt werden, sondern es muss grundlegend verändert werden.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Zum Thema Fluglärm heißt es im Wahlprogramm der GRÜNEN: „So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“ – Das wird es auch nicht, denn vermutlich wird es noch um einiges lauter. Denn das, was Sie im Koalitionsvertrag geschrieben haben, ist wirklich eine Farce. Statt eines absoluten Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr werden jetzt regelmäßige siebenstündige Lärmpausen in Aussicht gestellt. Aber das muss erst noch mit der Fraport und der Deutschen Flugsicherung verhandelt werden. Das ist doch ein Problem des Kompromisses, von dem Sie, Herr Wagner, gesprochen haben: Diesen Kompromiss gibt es bisher gar nicht.

 

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Nicht für alle!)

 

Was es gibt, ist eine Ankündigung – und die haben Sie offensichtlich noch nicht einmal mit Fraport und der Flugsicherung diskutiert. Am Ende kommt doch nur eine Umverteilung des Lärms dabei heraus. In den sogenannten Nachtrandstunden sollen die Bahnen abwechselnd genutzt werden. Das heißt, die einen haben ein bisschen länger Ruhe, dafür ist es bei den anderen umso lauter. Statt eines Verzichts auf den Bau des Terminals 3 soll es nun eine ergebnisoffene Bedarfsprüfung geben – und das, während die vorbereitenden Maßnahmen zum Bau des Terminals 3 doch schon längst angelaufen sind. Beim Thema Lärmobergrenzen heißt es, man wolle „eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten … erreichen“. Nun muss man wissen: Der Planfeststellungsbeschluss geht von 700.000 Flugbewegungen aus. Derzeit sind es etwa 500.000.

 

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

 

Diese Formulierung, so unkonkret, wie sie im Koalitionsvertrag steht, könnte also dazu führen, dass der Lärm und die Flugbewegungen noch um fast ein Drittel gesteigert werden können. Das heißt, in Sachen Lärm ist bei diesem Koalitionsvertrag noch eine ganze Menge Luft nach oben. Das Grundproblem ist: Durch diesen Koalitionsvertrag wird keine Maschine weniger in Frankfurt starten oder landen. Wer aber Fluglärm reduzieren will, der muss natürlich bei den Flugbewegungen ansetzen. Sie aber wollen Lärm nur anders verteilen. Dabei sind die Grenzen des Wachstums am Frankfurter Flughafen schon längst überschritten. Der Flughafen liegt nun einmal inmitten eines Ballungsgebietes, und seine enormen Lärm- und Schadstoffbelastungen gefährden die Gesundheit der Menschen in der gesamten Region.

 

Wir meinen: Gesundheitsschutz muss Priorität vor den wirtschaftlichen Interessen von Fraport und Lufthansa haben.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Während Sie in den Koalitionsvertrag hineinschreiben, Sie wollten sich für den Schutz des Bannwaldes starkmachen, wird weiterhin wertvoller Bannwald für den Bau von Terminal 3 geopfert. Am letzten Sonntag haben über 1.000 Menschen im Treburer Wald dagegen demonstriert. Wir senden ganz herzliche Grüße an diese Protestbewegung, die so viel Durchhaltevermögen, einen solch langen Atem hat. Am letzten Montag hat die 87. Montagsdemonstration stattgefunden. Wir tun gut daran, diese Protestbewegung gegen Fluglärm weiter zu unterstützen und ihre Forderungen weiterhin zu vertreten.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Durch die Landtagswahl hat sich das Thema Fluglärm nämlich nicht erledigt. Deswegen unterstützen wir die Forderung nach einer Reduzierung der Flugbewegungen, der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn, einem achtstündigen Nachtflugverbot und der Stilllegung der Nordwestlandebahn.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Ach!)

 

Während man in Frankfurt über ein Nachtflugverbot streitet, könnte man in Kassel-Calden folgenlos ein Tagflugverbot verhängen; denn dort wird bis zum Frühjahr ohnehin kein Linienflug mehr starten oder landen. Das muss man sich nochmals vor Augen halten: Fast 300 Millionen € hat dieser Unsinn die Steuerzahler gekostet.

Jeden Tag, an dem dieser Flughafen länger in Betrieb ist, wächst das Defizit. Aber auch hier verhalten sich die GRÜNEN, sagen wir einmal, sehr elastisch. Denn das Millionengrab Calden darf erst einmal weiter Steuergeld verschlingen. Hier nimmt man es mit dem knallharten Sparen und mit dem Einhalten der Schuldenbremse offensichtlich nicht ganz so ernst.

 

Es ist schon absurd: Mit Kassel haben wir eine Stadt, die unter den Rettungsschirm des Landes schlüpft. Sie schließt Bibliotheken und Schwimmbäder – gleichzeitig aber subventioniert sie einen defizitären Flughafen, den überhaupt niemand braucht. Das ist eine absolut absurde Politik. Ich gebe zu, ich hatte wirklich gehofft, dass die GRÜNEN diesem Wahnsinn in Kassel-Calden ein Ende machen und dafür sorgen würden, dass nicht immer weiter Steuergeld in dieses Millionengrab hineinfließt.

 

(Zuruf des Ministers Tarek Al-Wazir – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie es wenigstens gelesen?)

 

Auch sonst sind die Vereinbarungen zum Verkehr sehr enttäuschend. Minister Al-Wazir hat bereits in der „FAZ“ angekündigt, es werde mit ihm keine Revolution geben.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Dafür sind Sie zuständig!)

 

Das hatte ich schon befürchtet. Trotzdem finde ich es schade. Zur Stärkung des Klimaschutzes wären eine andere Verkehrspolitik und eine Reduzierung der Verkehrsströme nötig. Das Wort „Verkehrswende“ kommt im Koalitionsvertrag überhaupt nicht vor. Ob es mehr Geld für den unterfinanzierten ÖPNV geben wird, bleibt auch völlig unklar. Man will das prüfen. Es ist davon die Rede, Effizienzgewinne im ÖPNV zu realisieren. Ich frage mich: Was heißt das? Heißt das weiterer Personalabbau? Heißt das weiteres Lohndumping? Heißt das höhere Fahrpreise? All das ist vollkommen unklar. Deswegen ist in diesem Koalitionsvertrag von einer Verkehrswende, die wir so dringend brauchen, um die Energiewende hinzubekommen und um die Klimaschutzziele zu erreichen, leider wenig zu lesen. Dazu gibt es kaum konkrete Vereinbarungen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich eine vertane Chance.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Auch in der Energiepolitik ist von den ambitionierten Zielen der GRÜNEN kaum etwas übrig geblieben. Bis 2030 sollte die Stromerzeugung in Hessen zu 100 % aus erneuerbaren Energien erfolgen. Die GRÜNEN forderten 2030, die CDU forderte 2050. Und worauf einigt man sich? Auf das Jahr 2050. Wie das erreicht werden soll, bleibt ebenfalls völlig unklar. Der Abbau der Hürden für Windkraft im Landesentwicklungsplan wird erst einmal verschoben. Der einzige Lichtblick in diesem Zusammenhang ist, dass die kommunalwirtschaftliche Betätigung in diesem Bereich erleichtert werden soll. Aber mittlerweile hatte sogar die CDU eingesehen, dass das Credo „privat vor Staat“ gemeinsam mit der FDP gescheitert ist. Wer die Energiewende will, der muss als Erstes aufhören, vor Ort gegen den Ausbau von erneuerbaren Energien zu mobilisieren. Das sage ich vor allem an die Adresse der CDU und zu dem, was Sie in Wahlkämpfen machen. Herr Boddenberg ist der Erfinder der sogenannten „Windkraftmonster“. Im Wahlkampf haben Sie wieder gegen Windräder polemisiert. Sie mobilisieren die Menschen gegen die Energiewende, und das ist Teil des Problems.

 

An dieser Stelle will ich auch sagen: Ich halte es nicht für einen konstruktiven Beitrag zur Energiewende, wenn der Ehrenvorsitzende der hessischen CDU, nämlich Roland Koch, davon spricht, dass man die seiner Ansicht nach unsinnige Förderung von Solaranlagen auf den Dächern nur dadurch stoppen könnte, dass man „Steine drauf wirft“. Herr Boddenberg, dass diese Äußerung bei der CDU keine Empörung ausgelöst hat, obwohl Ihnen sonst der Schutz des Eigentums so wichtig ist, darüber würde ich mir an Ihrer Stelle einmal Gedanken machen.

 

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

 

Jetzt ist die Große Koalition auf der Bundesebene dabei, die Energiewende auszubremsen. Die Vorschläge von Bundeswirtschaftsminister Gabriel zeigen, welchen Einfluss die Kohlelobby leider nach wie vor in der SPD hat. Dass man gerade den Ausbau der Windkraftnutzung im Binnenland deckeln will, das ist schädlich, das ist kontraproduktiv, und natürlich gefährdet das auch die Ziele des Hessischen Energiegipfels. Das führt eben nicht zu Strompreissenkungen, sondern dazu, dass die bestehenden Marktstrukturen beibehalten werden und dass die teure und schädliche Energiegewinnung aus konventionellen Energieträgern weitergeht. Die Atom- und die Kohlekraft wurden jahrzehntelang staatlich subventioniert. Jetzt wird ausgerechnet der Ausbau der kostengünstigen Windenergiegewinnung an Land mit dem Kostenargument ausgebremst. Das ist vollkommen absurd.

 

Dabei brauchen wir dringend eine Dezentralisierung der Energieversorgung. Es war übrigens ein Ergebnis des Hessischen Energiegipfels, dass wir eine Dezentralisierung der Energiegewinnung brauchen – statt einer immer stärkeren Förderung von großen Offshoreanlagen. Wenn die Pläne, die Sigmar Gabriel jetzt vorgelegt hat, umgesetzt werden, dann, so befürchte ich, wird das das 2-%-Ziel in Hessen gefährden.

 

Deshalb hat Wirtschaftsminister Al-Wazir vollkommen recht, wenn er die Pläne der Bundesregierung kritisiert und die Windkraftausbauziele des Hessischen Energiegipfels verteidigt. Auch wenn allein dadurch der Kampf vielleicht noch nicht gewonnen ist: Herr Al-Wazir, die LINKE wird Sie auf jeden Fall dabei unterstützen.

 

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)

 

Immerhin haben Sie erreicht, das muss man den GRÜNEN zugestehen, dass der Ministerpräsident in seiner heutigen Regierungserklärung von Umweltverbänden nicht mehr als Gegnern, sondern als Partnern geredet hat und dass er Tiere als Lebewesen bezeichnet hat. Ich habe den Eindruck, bisher waren Tiere für ihn vor allen Dingen Fleisch.

 

(Heiterkeit bei der LINKEN)

 

Jetzt sind sie zu Lebewesen geworden. Das scheinen ihm die GRÜNEN erklärt zu haben.

 

(Michael Boddenberg (CDU): Da verwechseln Sie etwas!)

 

Meine Damen und Herren, wir brauchen in Hessen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, insbesondere in den Ballungsgebieten. Pro Jahr müssten eigentlich über 3.000 Sozialwohnungen geschaffen werden, damit die Zahl der Sozialwohnungen wenigstens halbwegs stabil bleibt. Hier muss den Kommunen ermöglicht werden, wirksam gegen Leerstand vorgehen. Davon findet sich im Koalitionsvertrag leider kein Wort. In der Praxis zeigen die GRÜNEN leider auch, auf welcher Seite des Konflikts sie im konkreten Fall stehen. Ich finde, das kann man in Frankfurt ziemlich gut beobachten. Früher haben die Frankfurter GRÜNEN Häuser besetzt; heute lassen sie sie polizeilich räumen. Wir sind der Meinung, in Frankfurt handeln nicht die kriminell, die leer stehende Gebäude besetzen und sie einer sinnvollen Nutzung zuführen, sondern in erster Linie die, die mit Wohnraum spekulieren, die Gebäude grundlos leer stehen lassen und dadurch das ohnehin knappe Wohnungsangebot noch weiter verknappen.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, nämlich die Polizei- und Überwachungsgesetze, die in den letzten Jahren erheblich verschärft wurden. „Law and Order“ lautete das Motto hessischer Innenpolitik. Leider scheint es so, als würde das in der neuen Regierungskonstellation nicht wesentlich geändert.

 

Das Wort Bürgerrechte kommt in diesem Koalitionsvertrag nicht ein einziges Mal vor – und das vor dem Hintergrund der NSA-Affäre und der massenhaften Ausspähung von Daten. Aber was die NSA im USHauptquartier in Wiesbaden-Erbenheim so treibt, das scheint die schwarz-grüne Landesregierung überhaupt nicht zu interessieren. Hessen hat das schärfste Polizeigesetz, und die GRÜNEN haben sich in den letzten Jahren strikt gegen jede Form der Massenüberwachung eingesetzt. Jetzt kann man im Koalitionsvertrag nachlesen, dass man sich für die Anwendung modernster Ermittlungs- und Fahndungsmethoden in der Strafverfolgung ausspricht. Von Datenschutz, von Bürgerrechten, von Persönlichkeitsrechten ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede.

 

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Das macht uns sehr misstrauisch!)

 

Ähnlich wie die FDP scheinen sich die GRÜNEN in der Landesregierung von dem Ziel wegzubewegen, eine Bürgerrechtspartei zu sein. Sie wollen an den Überwachungsgesetzen offensichtlich nichts ändern. Wir sind im Übrigen sehr gespannt, lieber Herr Beuth, wie Sie sich als Innenminister einer schwarz-grünen Koalition bei den diesjährigen Blockupy-Protesten in Frankfurt verhalten werden. Herr Beuth, wir sind der Meinung, dass das Demonstrationsrecht ein hohes Gut ist; es muss respektiert werden und darf nicht ausgehöhlt werden.

 

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Werden Sie dort sein?) – Natürlich bin ich dort, Herr Boddenberg. Das ist doch klar.

 

Law and Order gilt an vielen Stellen. Bei der Bekämpfung der Steuerkriminalität gilt es leider nicht ganz so stringent. In dem Zusammenhang schöne Grüße an den CDU-Bundesschatzmeister, über den man heute so einiges liest. Ohne eine personelle Aufstockung wird es nicht möglich sein, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Wer Betriebsprüfungen intensivieren will, wer die Steuerfahndung stärken will, der braucht Personal. Auch dazu ist im Koalitionsvertrag leider nichts Konkretes geregelt.

 

Es gibt vernünftige Ansätze in Ihrem Koalitionsvertrag, aber die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe, wie sie die GRÜNEN in ihrem Wahlprogramm gefordert hatten, findet sich im Koalitionsvertrag leider nicht wieder. Liebe GRÜNE, auch wenn die CDU hier offenbar behutsam an die Realität des 21. Jahrhunderts herangeführt werden soll: Ein bisschen mehr Konkretes wäre in dem Bereich schon schön gewesen. Meine Damen und Herren, ich will ein weiteres Thema ansprechen: die Mordserie des NSU. Sie hat uns alle erschüttert. Ich denke, dass der Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen eine lückenlose Aufklärung dieser Mordserie verlangt. Wir fordern eine Aufklärung über das Agieren der Behörden, und wir fordern eine Aufklärung über die Verstrickung der Geheimdienste in diese Affäre.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Ich denke, das sind wir den Angehörigen schuldig; denn diese Menschen haben nicht nur den Verlust eines geliebten Menschen erlebt, sondern sie mussten auch ertragen, dass die Opfer seitens der Ermittlungsbehörden jahrelang falsch verdächtigt wurden, dass sie diffamiert wurden, statt dass die Behörden den Hinweisen auf das Vorliegen eines rassistischen Motivs nachgingen. Die Ermittlungen in den anderen Bundesländern und auch im NSU-Prozess fördern immer mehr unglaubliche Details zutage. Es werden immer mehr Ungereimtheiten und schwere Vorwürfe gegen die hessischen Sicherheitsbehörden öffentlich, ohne dass bis zum heutigen Tag eine Aufklärung in Hessen stattgefunden hätte.

 

Nachdem die SPD damit gescheitert ist, eine Landtagskommission einzusetzen, sollten Sie, Herr Schäfer- Gümbel, endlich die Konsequenz ziehen und mit uns die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragen.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Wir fordern das seit Langem, aber wir können einen Untersuchungsausschuss alleine nicht einsetzen. Am besten wäre es, wenn sich dieser Landtag einstimmig auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verständigen würde, wie das in anderen Ländern und im Bundestag erfolgt ist. Ich glaube, das wäre ein gutes Signal, dass es uns mit der Aufklärung dieser schrecklichen Verbrechen ernst ist.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Was nicht geht, ist ein weiteres Wegducken oder ein Wegdelegieren an intransparente Kommissionen. Das ist nicht akzeptabel. Genau darauf – das ist mein Eindruck – haben CDU und GRÜNE sich aber geeinigt. Die Regierung soll eine Kommission einsetzen, die dann die Regierung kontrolliert. Das kann nicht sein. Deshalb brauchen wir einen Untersuchungsausschuss. Ich bin auch nicht der Meinung, dass wir darüber diskutieren sollten, wie eine Neuausrichtung des sogenannten Verfassungsschutzes aussehen soll, sondern ich glaube, dass man angesichts der Mordserie des NSU die Geheimdienste sehr grundsätzlich infrage stellen muss, weil sie nicht Teil der Lösung waren, sondern Teil des Problems.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Ich will einen Punkt ansprechen, der in der Regierungserklärung leider nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat. Hessen braucht eine andere Flüchtlingspolitik. Hessen braucht endlich einen humanitären Umgang mit Flüchtlingen. Ich habe vor einiger Zeit einen jungen afghanischen Flüchtling in einer Gemeinschaftsunterkunft besucht. Er ist 24 Jahre alt und seit drei Jahren auf der Flucht. Er kam über das Mittelmeer nach Lampedusa. Es war Winter. Die Überfahrt hat fast 60 Stunden gedauert. Das Boot war völlig überfüllt, und ein Flüchtling hat die Reise nicht überlebt. Der junge Mann schlug sich bis nach Deutschland durch und kam in Frankfurt erst einmal drei Monate lang in Abschiebehaft – allein, getrennt von seiner Familie, krank und traumatisiert.

 

Jetzt lebt er seit zwei Jahren in Deutschland, immer in der Angst, dass er abgeschoben wird, ohne eine verlässliche Perspektive und ohne die Chance, seine Zukunft zu planen. Dabei hat sich dieser Mensch nichts zuschulden kommen lassen. In der Hoffnung auf ein besseres Leben ohne Krieg hat er sein Leben aufs Spiel gesetzt. An diesem Krieg ist Deutschland leider aktiv beteiligt.

 

Herr Ministerpräsident, da Sie heute viel von Frieden und von der Verantwortung für den Frieden gesprochen haben, will ich noch kurz darauf hinweisen, dass wir gerade eine Diskussion haben, die von Herrn Bundespräsidenten Gauck, Frau von der Leyen und Herrn Steinmeier losgetreten worden ist. Sie alle haben davon gesprochen, dass Deutschland mehr internationale Verantwortung übernehmen müsse. Sie meinen damit neue Kriegseinsätze der Bundeswehr. Wir sind der Meinung, Deutschland muss tatsächlich mehr internationale Verantwortung übernehmen, aber nicht durch den Einsatz von Soldaten, sondern indem es endlich aufhört, Waffen an alle Welt zu liefern, und sich, auch in Europa, für eine andere Flüchtlingspolitik einsetzt.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Es ist doch eine Schande, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil sie keine Chance auf eine legale Einreise nach Europa haben. Wir wollen keine Festung Europa, und wir wollen, dass Frontex abgeschafft wird.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Man muss sich das vorstellen: Die Flüchtlinge, die im letzten Herbst vor Lampedusa ertrunken sind, bekommen ein Staatsbegräbnis, während die überlebenden Flüchtlinge ein Bußgeld und die Abschiebung bekommen. Deshalb brauchen wir eine andere Flüchtlingspolitik in Europa. Wenn Menschen vor Lampedusa ertrinken, ist das kein tragisches Unglück. Da steckt ein Vorsatz dahinter. Wer Fischer, die Ertrinkende retten, wegen Beihilfe zur illegalen Einreise anklagt, sollte wenigstens aufhören, danach Betroffenheit zu heucheln.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Eine andere Flüchtlingspolitik heißt auch, sich der unerträglichen Hetze, ob von rechts außen oder aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft, entgegenzustellen. Da halte ich es für einen schlechten Witz, dass ausgerechnet der LINKEN von anderen Parteien vorgeworfen wird, sie sei europafeindlich,

 

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Na ja!)

 

während die CSU plakatiert: „Wer betrügt, der fliegt“. – Wer so agiert, handelt europafeindlich und schürt Ressentiments gegen die Freizügigkeit in Europa.

 

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

 

Wir wenden uns dagegen, Menschen in nützliche und in unnütze Zuwanderer zu sortieren; denn das ist schlicht menschenverachtend. Ich finde, dass man in einer Partei wie der CDU, die sich als christlich bezeichnet, über den Satz nachdenken sollte: Vor Gott sind alle Menschen gleich. – Ich glaube, man braucht kein Christ zu sein, um diese Botschaft zu verstehen. Herr Ministerpräsident, wenn Sie davon sprechen, die Willkommenskultur in Hessen zu stärken, frage ich Sie: Was macht Herr Irmer bei Ihnen noch in der ersten Reihe?

 

(Beifall bei der LINKEN – Ministerpräsident Volker Bouffier: Lasst euch doch einmal etwas Neues einfallen!)

 

– Herr Ministerpräsident, Sie wollen etwas Neues hören? Ich sage Ihnen etwas Neues: Auf der Titelseite der Januarausgabe des „Wetzlar Kuriers“ – Herausgeber ist Herr Irmer, wie allgemein bekannt – heißt es: „Islamische Verbände haben Grundgesetz nicht verstanden“. Herr Bouffier, dazu könnten Sie einmal etwas sagen. In der aktuellen Ausgabe vom Februar beklagt Herr Irmer „Asylmissbrauch“ und eine „Einwanderung in die Sozialsysteme“. Ist das eine Willkommenskultur? Herr Ministerpräsident, wer, wie Sie es heute gemacht haben, davon spricht, dass Vielfalt eine Bereicherung ist, sollte der Einfalt in den eigenen Reihen vielleicht einmal etwas entgegensetzen.

 

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, um das noch einmal klarzustellen: Herr Irmer ist gerade als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU wiedergewählt worden. Er ist einer Ihrer neuen Partner, und ich habe den Eindruck, dass sich Herr Al-Wazir vielleicht ab und zu wünschen wird, er hätte auf seine Mutter gehört und wäre diese Koalition nicht eingegangen.

 

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich komme zum Schluss. Wir hätten uns gewünscht, dass Schwarz-Gelb vollständig abgelöst wird. Wie bereits 2008 ist der Politikwechsel nicht an uns gescheitert. Wir haben nicht auf Maximalforderungen beharrt, sondern waren zu Kompromissen bereit. Herr Wagner, wir haben gemeinsam über 20 Stunden sondiert. Sie müssen Schwarz-Grün schon selbst verantworten. Nicht DIE LINKE ist schuld daran, dass Sie jetzt mit der CDU regieren, weder in Hessen noch in Darmstadt oder in Frankfurt. Das haben Sie selbst zu verantworten.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Wir waren aber nicht dazu bereit, unser Wahlprogramm für einen Sitz auf der Regierungsbank in die Tonne zu treten. Die neue schwarz-grüne Landesregierung scheint vor allem eines zu verbinden: der Wille zur Macht. Entscheidend ist aber nicht nur, wer regiert, sondern entscheidend ist auch, wer opponiert. Wir LINKE werden alles dafür tun, dass wir die Opposition sind, die Schwarz-Grün verdient hat. Wir werden gemeinsam mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen von links Druck auf diese Landesregierung ausüben, sowohl im Landtag als auch außerhalb. Wir werden unser Abstimmungsverhalten auch weiterhin vom Inhalt eines Antrags abhängig machen und nicht vom Antragsteller. Das hat uns bislang von der CDU unterschieden. Es kam zwar selten vor, aber auch CDU und FDP haben in der Vergangenheit einige wenige vernünftige Gesetzentwürfe vorgelegt. Ja, auch eine kaputte Uhr hat zweimal am Tag recht. Wenn dieses seltene Ereignis eingetreten ist, haben wir ihren Gesetzentwürfen zugestimmt. Das werden wir auch in Zukunft so halten.

 

In den letzten Tagen war sehr viel die Rede von einem neuen Stil im Landtag. Ich denke, wer den Stil wirklich verändern will, sollte das nicht großspurig in Interviews verkünden, sondern er sollte einfach danach handeln. Vielen Dank.