Aktuelle Stunde zur EEG-Reform

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

 

Nach langem Hin und Her zwischen Bundesregierung, den Ländern und der EU und nach langen Verhandlungen, die bis vorgestern dauerten, soll morgen die mehr als 200 Seiten dicke Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Bundestag verabschiedet werden. Die Abgeordneten haben also nicht einmal drei Tage Zeit, um sich mit den umfangreichen Änderungen auseinanderzusetzen. Ich meine, so führt man parlamentarische Beratungen ad absurdum.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Es geht hier nicht um irgendein Gesetz. Die Energiewende ist ein ganz zentrales Zukunftsprojekt, und das EEG spielt dabei eine entscheidende Rolle. Angeblich geht es bei der aktuellen EEG-Novelle darum, den Strompreis zu senken. Ob das gelingen wird, ist mehr als fraglich. Aber die Risiken für die Energiewende sind enorm groß. Denn wesentliche Grundsätze, die bisher galten, werden infrage gestellt. Dabei – das muss man immer wieder sagen – ist das EEG ein großer Erfolg und diente als Vorbild für ähnliche Gesetze in vielen anderen Ländern. Dennoch macht der Anteil der Erneuerbaren erst 25 % des Strommixes aus. Das zeigt, dass der Weg noch viel zu lang ist, als dass man heute schon den Bremsvorgang einleiten könnte. Ja, das EEG hat eine Lenkungsfunktion, und es ist ein Eingriff in den Markt. Damit wird die Macht der Energieriesen beschnitten, ihr Geschäft eingeschränkt und in die erneuerbaren Strukturen umverteilt. Das war auch der Sinn des Ganzen. Oder, wie Hermann Scheer es damals sagte, das EEG ist das erste Energiegesetz, das gegen die Energiekonzerne durchgesetzt wurde.

 

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

 

Jetzt steht die Marktintegration der Erneuerbaren ganz oben, was praktisch die Unterordnung der erneuerbaren Energien unter die fossil-atomare Energiegewinnung bedeutet. Die Garantievergütung soll abgeschafft und durch die verpflichtende Direktvermarktung ersetzt werden. Zudem werden Zubaudeckel eingeführt. Meine Damen und Herren, ich glaube, damit droht nicht weniger als die Teilabschaffung des EEG. Ob das Gesetz, das morgen aller Voraussicht nach verabschiedet wird, seinem Namen noch gerecht wird, ist wirklich zweifelhaft.

 

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

 

Nun muss man anmerken, dass Strom und Markt hierzulande noch nie viel miteinander zu tun gehabt haben. Jetzt sagt man, dass sich die erneuerbaren Energien behaupten sollen gegen Kohle und Atom. Aber gerade hier – beim Generationenprojekt der Energiewende – brauchen wir Steuerungselemente, um den Vorrang für die erneuerbaren Energien festzuschreiben. Dann kam man auf die besonders skurrile Idee der sogenannten Sonnensteuer: Wer mit seiner eigenen Solaranlage Strom erzeugt und ihn selbst verbraucht, soll darauf eine EEG-Umlage bezahlen. Wer also etwas ökonomisch und ökologisch sehr Sinnvolles tut, wird zur Kasse gebeten und quasi mit einer Strafzahlung belegt. Das ist eine absurde Konstruktion. Zwar gibt es jetzt eine Bagatellgrenze von 10 kW. Trotzdem bleibt es ein absurdes Grundprinzip.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

So wird die teure Ausbauförderung der letzten Jahre konterkariert. So wird die klimaschonende Stromgewinnung erst gefördert und jetzt stärker belastet, und das alles mit dem erklärten Ziel, die EEG-Umlage und damit den Strompreis zu senken. Dabei will ich noch einmal sagen, dass es dem Boom der Erneuerbaren zu verdanken ist, dass der Börsenpreis für Strom derzeit niedrig ist. Da man aber mit dem EEG 20jährige Preisgarantien für Ökostromanlagen gegeben hat, steigt die Differenz zum Börsenpreis und damit die Umlage. Dieser Anstieg der EEG-Umlage ist aber mitnichten ein Beleg für das Scheitern des Systems, im Gegenteil.

 

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

 

Man sollte außerdem nicht vergessen, dass die Strompreise für die Industrie niedrig sind, dass sie in den letzten Jahren gesunken sind und im europäischen Vergleich mit zu den niedrigsten gehören.

 

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

 

Um die Strompreise zu senken, müsste man ganz andere Möglichkeiten in Gang setzen. Man müsste dafür sorgen, dass die Strompreisaufsicht wieder eingeführt wird, dass die Stromsteuer gesenkt wird, dass es bundeseinheitliche Netzentgelte gibt. Vor allem müssten die Industrierabatte zulasten der Privathaushalte abgeschafft und stattdessen Verbesserungen der Energieeffizienz in den extrem stromintensiven Unternehmen gefördert werden.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

Meine Damen und Herren, die Energiewende ist für uns als LINKE mehr als die Umstellung auf erneuerbare Energien, sondern wir wollen einen Umbau der Energiewirtschaft. Es ist die Gelegenheit, die Macht der großen Vier zu brechen und auf eine dezentrale, kleinteilige und vor allem demokratische Eigentümerstruktur umzustellen. Dazu müssen wir die dezentrale Energiegewinnung weiter ausbauen und öffentliches, also vor allem kommunales und genossenschaftliches, Eigentum fördern.

 

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Stephan Grüger (SPD))

 

Der Umbau des EEG, wie er morgen im Bundestag verabschiedet werden soll, ist eine Bremse für die Energiewende, eine Rückkehr zu den alten Strukturen und damit ein Geschenk für die alten Energiekonzerne. Wenn es so kommt, dann wird das de facto erfolgreichste Klimaschutzgesetz der Lobbyarbeit der konventionellen Energiewirtschaft und der Schwerindustrie geopfert. Dafür tragen die Große Koalition und natürlich der zuständige Wirtschaftsminister Gabriel die Verantwortung. Ich finde, wie wenig der Großen Koalition die Energiewende am Herzen liegt, zeigt sich auch daran, dass sie Günther Oettinger erneut als EU-Kommissar nominiert hat.

 

Vizepräsident Frank Lortz: Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

 

Janine Wissler (DIE LINKE):

Ich komme zum Schluss. – Auch in Hessen haben wir das Problem, dass dieses EEG die Energiewende faktisch ausbremsen wird. Ja, das EEG ließe sich verbessern. Es sind viele sinnvolle Reformvorschläge gemacht worden. Aber das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, gefährdet die Energiewende, es bremst sie aus, und das ist eigentlich nur ein Geschenk an die großen Konzerne. – Vielen Dank.

 

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Stephan Grüger (SPD)